Zum Weltmissions-Sonntag
hat die katholische Kirche in Österreich auf das Problem der weiblichen Genitalverstümmelung
in Tansania hingewiesen. Die Kirche setzt sich in dem ostafrikanischen Land besonders
für Frieden zwischen den Stammesvölkern ein und versucht, die Rechte der Frauen zu
stärken. Trotz des gesetzlichen Verbotes drohe vielen Mädchen noch immer die Genitalverstümmelung,
berichtet der tansanische Bischof Michael Msonganzila. Bei einer Pressekonferenz der
Päpstlichen Missionswerke (Missio) in Wien in der vergangenen Woche sagte er aber
auch, die Kirche trage durch Dialog aktiv zu einem Wandel bei.
Weibliche Genitalverstümmelung
ist in vielen Ländern ein Problem: Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht davon
aus, dass pro Jahr zwei Millionen Mädchen verstümmelt werden - weltweit. Insgesamt
sind laut WHO-Schätzungen 100 bis 140 Millionen Frauen betroffen – in arabischen Staaten,
in einigen Ländern Asiens sowie in weiten Teilen Afrikas. In Musoma, der Diözese von
Bischof Msonganzila, wird dieses Ritual in etwa zwei Drittel der Pfarreien weiterhin
praktiziert. Im Gespräch mit ‚Kathpress’ verurteilt Bischof Msongazila die grausamen
Eingriffe:
„Den Frauen wird ein Organ im intimsten Teil abgeschnitten. Durch
diesen Prozess wird die Frau als mündig und bereit angesehen, Verantwortung zu übernehmen.
Ich sage immer: ‚Ist das wirklich notwendig? Ist das möglich, dass wir Mündigkeit
von einem Blutopfer abhängig machen? Ist das zu akzeptieren in einer modernen Gesellschaft?’
Natürlich lautet die Antwort: ‚Nein, das können wir nicht akzeptieren.’“
Der
Eingriff erfolgt oft ohne Betäubung und mit unhygienischen Werkzeugen. Die furchtbare
Operation bezahlen viele Frauen mit dem Leben. Die katholische Kirche in Tansania
versucht, zu helfen und aufzuklären: Seit 1999 gibt es die Kampagne ‚Stoppt weibliche
Genitalverstümmelung!’ Regina Mukama, die Frauenbeauftragte der Diözese Musoma leitet
die Aktion. Die angeblichen Argumente für eine Genitalverstümmelung von Frauen hat
sie schon oft gehört:
„Die Frauen sagen zu mir: ‚Das Leben ist voll Leid
und Schmerz, voller Probleme. Wenn ein Mädchen diese schmerzvolle Prozedur durchstehen
kann, kann sie auch alle anderen schmerzhaften Erlebnisse in ihrem Leben überstehen.’
Für mich ist das eine völlig verquere Denkweise.“
Um diese Einstellung
zu ändern und einen Wandel in der jahrelangen Tradition herbeizuführen, suchen Kirchenvertreter
in Tansania den Dialog mit Dorfältesten und Beschneiderinnen. Auch katholische Priester
aus traditionellen Stämmen müssten aufgeklärt werden. Die Basis des Erfolgs sei aber
die Arbeit mit den jungen Frauen: In Schulen und Pfarreien erklären die Mitarbeiter
der Kampagne den Mädchen, dass Genitalverstümmelung gegen die Menschenrechte verstößt.
Sie versuchen auch, alternative Übergangszeremonien zu bieten – zum Beispiel durch
eine christliche Abschlussfeier. Zudem vermitteln die Kirchen ein christliches Körperbild:
Der Körper sei nicht schmutzig, sondern von Gott wunderbar geschaffen. Ähnlich äußert
sich auch Leo Maasburg, der Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke: „Ich glaube, es ist auch innerkirchlich sehr wichtig, dass wir das Bewusstsein
verbreiten, dass wir eine Welt sind. Dass wir letztlich alle dafür geschaffen sind,
Kinder Gottes zu sein. Und zwar Kinder eines einzigen Gottes, der in verschiedenen
Kulturen und verschiedenen Sprachen jeweils unterschiedliche Namen hat.“
Die
in Tansania gestartete Kampagne zeigt erste Erfolge: Erstmals gibt es in einem Dorf
der Diözese eine Frau als Bürgermeisterin. Bis die Tradition der Genitalverstümmelung
ganz abgeschafft sein wird, sei es aber wohl noch ein weiter Weg.