Günther Beckstein: „Wir sind wieder Missionsgebiet“
Die Christen in Deutschland
sollten nach Ansicht von Günther Beckstein mehr für ihren Glauben werben. Wie das
vor sich gehen sollte, erklärt der Vizepräses der Synode der Evangelischen Kirche
in Deutschland und ehemalige bayerische Ministerpräsident im Interview mit dem Kölner
Domradio:
„Es ist ganz offensichtlich, dass die Kirchen ein Stück Bindekraft
verloren haben. Wir erleben eine Zeit, in der die Säkularisierung voranschreitet.
Das sehen wir an der geringen Anzahl der Gottesdienstbesucher. Wir erkennen das an
der abnehmenden Bereitschaft junger Menschen, sich in Kirchen zu engagieren. Das bedeutet:
Wir sind in Deutschland wieder Missionsgebiet. Wir müssen uns deshalb ganz besonders
wieder um junge Menschen kümmern. Dass das nicht aussichtslos ist, sieht man an den
Muslimen.“
In Fragen der Neuevangelisierung müsste es seiner Meinung nach
zwischen den christlichen Kirchen eine engere Zusammenarbeit geben.
„Ich
bin überzeugt, dass junge Menschen weniger von den Konfessionen geprägt sind, als
wir älteren es sind. Wir haben noch Zeiten erlebt, in denen die Kirchen gegeneinander
standen. Gott sei Dank ist das vorbei. Aber ich glaube, dass die Kirchen auch heute
noch viel überzeugender sein können – dann nämlich, wenn sie die Konfessionsgrenzen
ein Stück weiter zurückdrängen. Wenn es um die Frage geht, ob man sich zu Christus
bekennt, spielt es keine Rolle, ob man evangelisch oder katholisch ist. Um Missverständnisse
zu vermeiden: Ich halte konfessionelle Überzeugungen für wichtig. Aber wenn es um
die Frage geht, ein Leben als Christ zu führen, darf nicht die Konfession an erster
Stelle stehen.“