2012-10-11 14:57:22

Somalia: Rebellen verbieten Hilfsorganisation die Arbeit


RealAudioMP3 Anfang dieser Woche haben Al-Shabaab-Milizen auch der Hilfsorganisation „Islamic Relief“ die Arbeitserlaubnis entzogen. Sie war eine der wenigen, die in Al-Shabaab kontrollierten Gebieten noch arbeiten durfte. Über die aktuelle Lage in Somalia haben wir mit Helmut Hess gesprochen, der lange Zeit Leiter der Afrika-Abteilung von ‚Brot für die Welt’ war. Aktuell arbeitet er unter anderem mit dem ökumenischen Programm ‚Friedensarbeit am Horn von Afrika’ und der Caritas Deutschland zusammen. Wir haben Hess gefragt, was das Verbot von „Islamic Relief“ für die Arbeit der Hilfsorganisationen bedeutet:

„Die Ausweisung von ‚Islamic Relief’ ist eine Katastrophe, weil es keiner Organisation möglich sein wird, in diesem Gebiet zu arbeiten. Ich habe gestern mit unseren Mitarbeitern in Somalia gesprochen - sie sagen, dort geht im Moment sicher niemand hin. In dem Gebiet, was von Al-Shabaab kontrolliert wird, ist im Moment keine Hilfsorganisation tätig – und das ist auch nicht ratsam. Die Al-Shabaab sind militärisch unterlegen und nutzen jetzt alle Mittel, um noch Einfluss zu behalten. Nachdem auch die Hilfsorganisation ‚Islamic Relief’ sich jetzt eindeutig auf die Seite der neuen Regierung gestellt hat, war es irgendwie logisch, dass sie auch denen die Arbeit untersagen werden.“

Das Arbeitsverbot für die Hilfsorganisation scheint also eine Antwort auf die neue Regierung zu sein - und darauf, dass die Al-Shabaab erst vor kurzem auch aus der Stadt Kismayo im Süden Somalias vertrieben wurde. Trotzdem sind die Milizen nach Ansicht des Somalia-Experten Hess noch keinesfalls geschlagen. Viel wichtiger als militärische Einsätze findet er aber den Dialog:

„Ich finde es dringend notwendig, dass der neue Präsident und auch der neue Premierminister alles tun, um mit dieser Gruppe ins Gespräch zu kommen. Im Moment gibt es militärische Vorteile, die genutzt werden könnten, um auch mit moderaten Al-Shabaab-Mitgliedern zu verhandeln. Wenn das nicht gelingt, wird sich der Konflikt noch über Monate, wenn nicht Jahre hinziehen. Sie können das vergleichen mit Afghanistan: Es wird dort keine Lösung geben ohne Verhandlungen mit den Taliban. Genau so wird es auch in Somalia keine Lösung geben ohne mit den Al-Shabaab zu verhandeln.“

Die Unterschiede im Land sind sehr groß – je nachdem, wer dort die Oberhand hat:

„Es gibt ja im Moment verschiedene Somalias. Es gibt einerseits die regierungskontrollierten Gebiete. Ich bin auch Vorsitzender einer Organisation, die im Moment gut arbeiten kann, die ist in Mogadischu. Also ein großer Teil der Bevölkerung kann versorgt werden, es ist auch möglich, wieder Landwirtschaft zu betreiben. Aber eben mit der Ausnahme, dass in den von Al-Shabaab kontrollierten Gebieten – und das sind noch viel mehr, als allgemein angenommen wird – im Moment keine Hilfe möglich ist.“

Hess geht davon aus, dass von den ländlichen Gebieten in Somalia doch noch gut die Hälfte in den Händen der islamistischen Milizen ist. Trotzdem glaubt er, dass der vor einem Monat gewählte Präsident Mohamud und der diese Woche von ihm ernannte Premierminister, Abdi Farah Shirdon Saaid, großes Potential haben:

„Die neuen Wahlen, auch die Benennung des Prime-Ministers sind für mich Zeichen der Hoffnung: dass Korruption zu Ende geht und dass es in Somalia kompetente und wirklich überzeugte Menschen gibt, die für eine Stabilisierung eintreten. Das würde positiv unterstützt, wenn sich der Westen aus internen Angelegenheiten raushielte und dieser Regierung die Unterstützung gibt, die sie meiner Meinung nach auch verdient.“

So solle sich etwa die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton in Zukunft mehr zurückhalten, meint Hess. Sie hatte dem somalischen Präsidenten Mohamud geraten, prinzipiell nicht mit Rebellen zu verhandeln.

Die EU will Somalia und Äthiopien derweil 30 Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung stellen. Wie die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel mitteilte, soll das Geld die Widerstandskraft verletzlicher Bevölkerungsgruppen gegen zukünftige Katastrophen stärken. Nur so könnten langfristige Lösungen für die chronischen Probleme am Horn von Afrika wie Dürregefahr und allgemein fragile Lebensgrundlagen gefunden werden. Im vergangenen Jahr war die Region am Horn von Afrika von der schwersten Dürrekatastrophe seit 60 Jahren heimgesucht worden; mehr als 13 Millionen Menschen in Kenia, Äthiopien, Dschibuti und Somalia waren betroffen.
(rv/kna/fr 11.10.2012 sta)








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