Venezuela: Kirchen fordern Chávez zu Versöhnung auf
Die katholische Kirche
hat den am Sonntag wiedergewählten Präsidenten Hugo Chávez aufgerufen, sich mit der
Opposition zu versöhnen. Die Regierung dürfe nicht vergessen, dass es eine Hälfte
der Bevölkerung gebe, die mit dem vorgegebenen Kurs nicht einverstanden sei. Dies
sagte der Generalsekretär der Venezolanischen Bischofskonferenz, Weihbischof Jesus
Gonzales de Zarate Salas, der Katholischen Nachrichtenagentur.
Rund 54 Prozent
der Wähler hatten für Chávez gestimmt, sein Herausforderer Henrique Capriles bekam
knapp 45 Prozent der Stimmen. Für das Kölner Domradio ordnet der Venezuela-Länderreferent
von Adveniat, Reiner Wilhelm, das Wahlergebnis so ein:
„Das Land ist nach
wie vor sehr polarisiert. Bei einem Wahlsieg der Opposition wäre es wahrscheinlich
zu Unruhen gekommen, denn beide Lager sind da sehr militant. Aber: Präsident Chávez
hat - kurz nachdem er gewählt worden ist - dazu Stellung genommen und gesagt, er wolle
künftig der Präsident aller sein. Ob er das wirklich sein wird, bleibt abzuwarten.“
Auch Wilhelm sieht die größte Aufgabe für den Wiedergewählten darin, das
Land zu einen:
„Man muss sehen, dass nur 54 Prozent der Wähler Chávez gewählt
haben. Der Rest – und das ist ein guter Teil der Bevölkerung – ist gegen Chávez. Das
ist eine hohe Herausforderung, genau wie die Bekämpfung der Kriminalität. Morde und
Entführungen sind an der Tagesordnung. Die Sicherheit ist wirklich ein großes Problem:
Man gibt in Venezuela mehr Geld für die Sicherheit aus, als für Lebensmittel, Kultur
und alles zusammen.“
Die zweite große Herausforderung für den Präsidenten
ist die Bekämpfung der Armut im Land. Nach seinem Sieg versprach Chávez, bis zu den
nächsten Wahlen im Jahr 2019 Armut und Arbeitslosigkeit völlig auszuradieren. Damit
legt er die Messlatte sehr hoch, denn noch immer hungern viele Menschen in Venezuela.
Dabei ist ungewiss, wie gut es dem Präsidenten gesundheitlich geht. Der Adveniat-Länderreferent
erinnerte daran, dass Chávez möglicherweise an Krebs leide:
„Ein anderes
Problem sehe ich im Gesundheitzustand des Präsidenten. Es ist immer noch ein großes
Geheimnis, ob Chávez krank ist, welche Krankheit er hat und wie sich diese in Zukunft
auswirken wird. Es bleibt abzuwarten, was da passiert.“
Unabhängig davon
müsse der neue alte Präsident sich auch wirtschaftlichen Problemen stellen: Eine hohe
Inflation, Korruption und Kapitalflucht seien dort die größten Baustellen. Außerdem
stelle sich die Frage, wie wettbewerbsfähig Venezuelas Wirtschaft gegenüber Argentinien
oder Brasilien sei. In der nächsten Zeit ist nach Ansicht des Venezuela-Länderreferenten
allerdings erstmal nicht mit großen politischen Änderungen zu rechnen:
„Die
Grenzen sind abgesteckt. Vor allem was Kuba betrifft, aber auch die Staaten des Alba,
dieses Zusammenschlusses der Länder, die gegen die USA stehen und das dortige Wirtschaftssystem.“