2012-10-06 13:43:47

Vorhof der Völker in Assisi: „Mit Ethik gegen die Krise“


RealAudioMP3 Unter dem Eindruck der Krise in Italien steht die aktuelle Ausgabe des Vorhofs der Völker, zu dem im umbrischen Städtchen Assisi noch bis zu diesem Samstagnachmittag Vertreter aus Kirche, Politik, Kultur und Gesellschaft zusammenkommen. Kardinal Gianfranco Ravasi, Präsident des Päpstlichen Kulturrates, hat die „mobile Gesprächsplattform“ für Gläubige und Nicht-Glaubende mit initiiert; die aktuelle Ausgabe trägt den Titel „Gott, der Unbekannte“. Prominenter Gast am Freitag, dem ersten Tag der Veranstaltung, war der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano. Die Krise brauche auch spirituelle Antworten und ethisch orientierte Lösungen, erinnerte Kardinal Ravasi im Kontext des Treffens in der Stadt des heiligen Franziskus gegenüber Radio Vatikan:


„Das Volk hat wichtige Fragen, die manchmal sogar das Überleben betreffen, und diese müssen nicht nur vom politischen, sondern auch vom kulturellen und religiösen Gesichtspunkt aus angegangen werden. Auch die verschiedenen Zelte hier zeigen deutlich auf, dass wir mit diesem Treffen einen wahrhaften Samen in der italienischen Gesellschaft einpflanzen wollen.“


Fragen der Werte, der „Durst nach Gerechtigkeit“ und eine Untersuchung der „Komplexität der aktuellen ökonomischen Systeme“ seien Aspekte, denen man hier mehr Aufmerksamkeit schenken müsse, so Kardinal Ravasi, der sich am Freitag über genau diese Fragen mit Staatspräsident Napolitano austauschte. Er habe schon mehrfach Gelegenheit gehabt, mit dem Politiker über Recht und Moral, Wahrheit und die Rolle der Religion in der Gesellschaft zu sprechen, so Kardinal Ravasi.


Napolitano fand in seiner Beitrag zum vatikanischen Dialogforum in Assisi deutliche Worte für die aktuelle Lage Italiens; er sprach von einem „moralischen Verfall“:


„Die italienische Gesellschaft lebt in diesem Moment eine Phase tiefer Unsicherheit und Unruhe, in der vielleicht die Idee des ,Gemeinwohls‘ und des ,Interesses der Allgemeinheit‘ neu definiert und stärker verfestigt werden sollte.“


Diese Unsicherheit werde zwar von der Wirtschaftskrise hervorgerufen. Sie werde aber durch Unzulänglichkeiten der Politik, den Werteverfall und eine Kultur der Illegalität verschärft, fuhr Napolitano fort. Dies rufe wiederum eine Ablehnung der Politik im Land hervor. Der Staatspräsident forderte hier einen erneuerten „außerordentlichen Schulterschluss und eine enge Zusammenarbeit“ zwischen Gläubigen und Nicht-Gläubigen, wie dies zur Zeit der verfassungsgebenden Versammlung in Italien – einer Zeit, die als moralisch „hochwertig“ im historischen Gedächtnis Italiens erinnert wird – der Fall gewesen sei. Napolitano:


„Wir brauchen in allen Feldern eine Öffnung, gegenseitiges Zuhören und Verständnis, Dialog, Annäherung und Einheit in der Vielfalt. Wir brauchen also den Geist Assisis.“


Ziel des Vorhofes der Völker sei es, Gott in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft spürbar zu machen, führte Kardinal Ravasi im Interview mit Radio Vatikan weiter aus. Er ging dabei auf den Titel des Treffens in Assisi ein - „Gott, dieser Unbekannte“:


„Die Zielrichtung ist vielleicht die, einen umfassenden Horizont zu schaffen, in dem auch ein unbekannter Gott oder ein fremder Gott Platz hat. Wir wollen erreichen, dass Gott in all diesen verschiedenen Bereichen – die hier durch den interkulturellen und interreligiösen Dialog für den Frieden und durch die jungen Leute zwischen Glaube und Nihilismus repräsentiert sind – dass Gott in diesen Feldern spürbar wird. Als eine Anwesenheit mit Bedeutung, mit Bedeutung möglicherweise auch für Nicht-Glaubende.“


Internationale Stationen des Vorhofs der Völker waren unter anderem Stockholm, Paris und Bukarest und Tirana.

(rv 06.10.2012 cs/pr)









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