Das Zweite Vatikanische
Konzil hat die katholische Kirche grundlegend beeinflusst. Zum 50. Jahrestag am 11.
Oktober werfen nun Theologinnen in diesen Tagen ihren eigenen Blick auf das Vatikanum
– mit einer Konferenz im Rom, die an diesem Samstag zu Ende geht. Zur Konferenz des
italienischen Theologinnenverbands CTI mit dem Titel „Theologinnen lesen wieder das
Zweite Vatikanum“ sind vor allem Frauen aus mehr als 20 Ländern in die ewige Stadt
gereist. Die junge Theologin Stefanie Knauss erinnert an die epochale Wandlung, die
mit dem Zweiten Vatikanum einhergegangen sei:
„dass es nun für Frauen möglich
war, Theologie zu studieren. Das war ja vorher nicht möglich. Frauen konnten in den
Vorlesungen zuhören, aber keine Abschlüsse machen. Insofern hat das Vatikanum überhaupt
erst Theologinnen geschaffen.“
Kritisch merkt sie allerdings an, dass Frauen
im theologischen Bereich auch heute noch eine schwierige Position hätten. Auf dem
Kongress erleben die Teilnehmerinnen jedoch durchaus eine positive Atmosphäre. Aurica
Nutt, Theologin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, berichtet:
„Ich
finde schon beeindruckend, welche Dynamik das Ganze aufgenommen hat, wie viele Theologinnen
es gibt, wie vielseitig mittlerweile geforscht wird. Das Feld ist eigentlich gar nicht
mehr zu überblicken. Vor 20 Jahren wussten die Theologinnen so ungefähr, was alle
anderen machen, das geht heute überhaupt nicht mehr. Und dass es so eine starke europäische
Vernetzung gibt und auch ein hohes wissenschaftliches Niveau, sind sehr erfreuliche
Früchte des Konzils und dieser Öffnung des Theologiestudiums für Frauen.“
Sie
wünsche sich für die Zukunft, dass die Arbeit der Theologinnen noch mehr Anerkennung
erfahre, denn das wissenschaftliche Nachdenken der Frauen über Theologie geschehe
doch aus einer tiefen Loyalität zum Glauben:
„Es ist der Versuch, die Glaubensinhalte
in unsere heutige Zeit zu übersetzen, in die Realität von Männern und Frauen in ihrer
ganzen Vielfalt. Das ist nichts Gefährliches, sondern etwas ganz Wunderbares, dass
wir eine theologische Tradition der Debatte und der Auseinandersetzung haben. Wir
sind nicht bedrohlich, sondern wir wollen gerne unseren Beitrag leisten - und machen
das aus Liebe zu dieser Kirche.“
Die Konferenzteilnahme beschränkt sich
allerdings keinesfalls nur auf Frauen: Der Moraltheologe Antonio Autiero ist im wissenschaftlichen
Vorbereitungskomitee und Mitorganisator des Treffens. Ein wichtiges Ziel der Konferenz
ist seiner Meinung nach:
„Selbstwahrnehmung dessen, was für die Frauen in
diesen Jahrzehnten möglich geworden ist. Das ist eine sehr wichtige Aufgabe, auch
grade im Zusammenhang mit der Konferenz. Es geht darum, zu begreifen, was die Frauen
in der Theologie in diesen Jahrzehnten haben erreichen können. Gleichzeitig ist das
auch eine Art Bilanz der Defizite und Verzögerungen, die es doch in diesen Jahren
gab. Es ist nicht alles zustande gekommen, was hätte zustande kommen können. Wir wollen
eine Bilanz der Vitalität des Konzils - aber auch der verpassten Gelegenheiten ziehen.“
Als Beispiel für solche vergebenen Chancen nannte Autiero Themen, die
in der Konferenz zur Sprache gekommen seien, wie beispielsweise die umstrittene Akzeptanz
von Genderfragen in Stellungnahmen des Lehramtes der vergangenen Jahre. Die Frauenfrage
sei zeitweise sogar eher zum Stillstand gekommen. Für die Zukunft wünsche sich der
Theologe deshalb eine stärkere Zusammenarbeit und Vernetzung der Frauen, auch über
nationale Grenzen hinweg.