2012-10-06 09:44:10

Die Abschlussplädoyers im Fall Paolo Gabriele


An diesem Samstagmorgen hat im vatikanischen Justizpalast die letzte Sitzung im Prozess gegen Paolo Gabriele stattgefunden. Die Richter hätten sich gegen 10.15 Uhr zur abschließenden Beratung zurückgezogen, das Urteil werde für den frühen Nachmittag erwartet, gab Vatikansprecher Pater Federico Lombardi gegen Mittag in einer Pressekonferenz bekannt. Lombardi gab der Presse vor dem endgültigen Urteilsspruch die Abschlussplädoyers am letzten Prozesstag wieder.

„Der Justizpromotor oder ,Staatsanwalt‘ hat gefordert, dass der Aspekt einer eventuellen Komplizenschaft vertieft werden soll. Dafür hat man allerdings keinerlei Beweise gefunden. Deshalb bleibt es dabei, was Paolo Gabriele erklärt hat – nämlich, dass es keine Komplizen oder Begünstigte gebe, sondern dass er allein durch allgemeine Faktoren beeinflusst worden sei, wie er wiederholt zu Protokoll gegeben hat.“

Der Justizpromotor Nicola Picardi habe in seinem Abschlussplädoyer den Tatbestand des Diebstahls für erwiesen erklärt und eine Strafe von drei Jahren unter Berücksichtigung der allgemeinen Milderungsumstände gefordert, berichtete Pater Lombardi. Außerdem solle der Angeklagte in Zukunft von Tätigkeiten ausgeschlossen werden, die den Umständen ähneln, unter denen sich der Diebstahl ereignet habe. Dazu gehörten beispielsweise Tätigkeiten mit Zugang zu vertraulichen Dokumenten und ähnliches. Lombardi ging weiter auf Gabrieles Verteidigung ein:

„Die Anwältin Gabrieles hat indessen nochmals gefordert, zu beleuchten, ob es sich wirklich um Diebstahl handele oder nur um die Entfernung vom Dokumenten von ihrer ursprünglichen Nutzungsabsicht, die er aber tatsächlich in der Hand der Besitzer belassen habe. Insbesondere habe er der Kirche nur nützen, nicht aber schaden wollen.“

Der Tatbestand, dass Gabriele die Dokumente aus dem Vatikan geschafft habe, werde aber nicht bestritten. Es handele sich zwar um einen verurteilungswürdigen Tatbestand, aber dieser solle nicht als schwerer Diebstahl, sondern als Veruntreuung gewertet werden, so die Forderung von Cristiana Arru, der Verteidigerin des ehemaligen Papstdieners. Sollte die Entfernung der Dokumente als Diebstahl gewertet werden, werde von Gabrieles Verteidigung das minimale Strafmaß gefordert, ergänzte Lombardi. Wie nach vatikanischen Recht üblich, hatte der Angeklagte das letzte Wort. Dazu Lombardi:

„Auf die Frage, ob er sich schuldig fühle, hat er erklärt, er fühle stark in sich die Überzeugung, aus Liebe zur Kirche gehandelt zu haben – wohl eine abgrundtiefe Liebe – und er fühle sich persönlich nicht als Dieb.“


(rv 06.10.2012 cs)








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