In Ägypten sind an
diesem Dienstag zwei koptische Jungen wegen angeblicher Blasphemie festgenommen worden.
Den beiden neun und zehn Jahre alten Christen aus einem Dorf südlich von Kairo wird
laut ägyptischen Medienberichten vom Donnerstag vorgeworfen, eine Koranausgabe zerrissen
und darauf uriniert zu haben. Die beiden Jungen befinden sich den Angaben zufolge
derzeit in einem Jugendgefängnis, die Befragung soll sieben Tage dauern. Wir haben
mit dem Afrikareferenten der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Ulrich Delius,
gesprochen. Er meint, dass das islamfeindliche Mohammed-Video „Die Unschuld der Muslime“
die Lage der christlichen Kopten in Ägypten grundsätzlich weiter erschwert hat. Die
GfbV habe mit einer derartigen Entwicklung gerechnet:
„Wir machen das vor
allem am Problem der Blasphemie fest, das ist fast schon eine Verfolgungsmethode,
muss man sagen, die häufig in stark muslimisch geprägten Ländern angewendet wird.
Man bezichtigt vor allem Andersgläubige, das Ansehen des Propheten zu beschädigen.
In Pakistan gibt es viele dieser Fälle. Und was wir eben bemerkt haben: dass seit
Veröffentlichung dieses islamfeindlichen Films die Zahl der Anzeigen gegen Kopten
deutlich zugenommen hat. Das ist sehr alarmierend.“
Dabei sei bereits eine
Anzeige in Ägypten fast so schlimm wie eine endgültige Verurteilung, so Delius. Man
könne durch das Gericht wegen Blasphemie zu einer Haftstrafe zwischen sechs Monaten
und drei Jahren verurteilt werden. Doch damit nicht genug:
„Allein die Tatsache,
dass ein Verfahren gegen einen eröffnet wird, und es reicht ein Ermittlungsverfahren,
bringt Menschen schon in Lebensgefahr, und führt dazu, dass viele Betroffene untertauchen.
Sie fürchten, dass radikale Islamisten den Vorwurf aufgreifen könnten und einen Anschlag
auf ihr Leben verüben könnten. Das ist durchaus auch schon passiert. Das ist das Problem,
dass man eben nicht darauf bauen kann, dass der Vorwurf neutral überprüft wird, ein
Freispruch erfolgt und man damit rehabilitiert wird.“
Dies sei umso schlimmer,
als viele der Bezichtigungen einen persönlichen Hintergrund haben; es handele sich
beispielsweise um Nachbarschaftsstreitigkeiten, die auf diese Weise ausgetragen werden
sollen, mit schweren Folgen für den Beschuldigten. Der ägyptische Präsident Mursi
gebe sich zwar dialogbereit, aber die Gewaltbereitschaft sei vor allem ein Merkmal
radikaler Flügel, die sich als Hüter der Ehre des Propheten Mohammeds stilisierten
- letztlich gehe es dabei aber weniger um Religion als vielmehr um Politik, so Delius.