2012-10-03 14:15:59

Urteil im Fall Vatileaks am Samstag


RealAudioMP3 Der Prozess gegen den früheren päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele steht schon kurz vor dem Abschluss. Am Samstag soll das Urteil verkündet werden, teilten Prozessbeobachter an diesem Mittwoch mit. Am dritten Prozesstag im Vatikan wurden als letzte Zeugen vier vatikanische Gendarmen befragt. Thema war die Durchsuchung von Gabrieles Wohnung am 23. Mai. Gabriele wird beschuldigt, interne Vatikanpapiere kopiert und teilweise an die Presse weitergegeben zu haben.

„Es war eine ziemlich kurze Sitzung des Gerichts heute früh“, berichtete Vatikansprecher Federico Lombardi an diesem Mittwoch vor der Presse. „Die Gendarmen traten auf Antrag der Verteidigung auf. Sie erklärten, dass bei der Hausdurchsuchung eine große Zahl vertraulicher Unterlagen gefunden wurde. Diese Dokumente betrafen direkt den Heiligen Vater, Vatikanbehörden, Korrespondenz zwischen Kirchenleuten und dem Heiligen Vater.“

Insgesamt handelt es sich – nach Zeugenaussagen – um mehr als 1.000 Kopien (darunter auch von chiffrierten Dokumenten aus dem Staatssekretariat) und sogar Originale, die Papst und Vatikan betreffen. Das sind weitaus mehr, als in dem Buch „Sua Santita“ des italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi veröffentlicht worden waren. Sie stammen auch nicht nur, wie es ursprünglich hieß, aus den letzten drei Jahren, denn das älteste ist bereits von 2006. Einige der Dokumente trugen offenbar die eigenhändige Unterschrift des Papstes.

„Nach der Anhörung der vier Zeugen hat der Gerichtspräsident angekündigt, dass die nächste Sitzung am Samstag stattfindet, mit den Schlußplädoyers von Anklage und Verteidigung. Das letzte Wort steht dem Angeklagten zu, falls er etwas zu sagen wünscht. Und dann wird man im Lauf des Samstag mit einem Urteil rechnen können.“

Gabriele hatte sich am Dienstag vor dem vatikanischen Gericht für unschuldig erklärt, was die Anklage auf schweren Diebstahl betrifft. Er fühle sich aber schuldig, das Vertrauen des Papstes missbraucht zu haben. Die Verkündigung des Urteils bedeutet noch keine Verhängung eines genauen Strafmasses; das wird erst später bekanntgegeben. Gabriele drohen bis zu vier Jahren Haft wegen schweren Diebstahls.

„Gabriele wurde nicht misshandelt“

Der Vatikan weist Anschuldigungen Gabrieles zurück, dass auf diesen kurz nach seiner Verhaftung Druck ausgeübt worden sei. „Niemand hat ihn je mißhandelt, und er hat sich bei der Gendarmerie sogar immer für die gute Behandlung bedankt“, erklärte ein Verantwortlicher, der an diesem Mittwoch als Zeuge gehört wurde. Am Dienstag hatte der Richter eine Untersuchung der Haftumstände des früheren Kammerdieners angeordnet.

Die frühere Haushälterin von Joseph Ratzinger, Ingrid Stampa, hat den von der Zeitung „Die Welt“ geäusserten Verdacht über angebliche deutsche Hauptbeteiligte in der „Vatileaks“-Affäre zurückgewiesen. „Es ist ganz einfach lächerlich. Alles Fantasie. Verleumdungen“, sagte die Deutsche der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“. Auch Gabriele hatte am Dienstag ausgesagt, dass er sich „in dieser Rekonstruktion“ nicht wiedererkenne. Über Gabriele sagte Stampa, dass er dem Papst und der Kirche geschadet habe. Sie glaube jedoch nicht, dass dies seine Absicht gewesen sei. Sie habe seine Familie nach der Verhaftung Gabrieles besucht, um der Frau und den Kindern zu helfen. Ihr scheine wahrscheinlich, dass Gabriele alles allein gemacht habe, sagte Stampa auf die Frage nach möglichen Hintermännern. Als Mann, der gerne Dinge untersuchte, habe er womöglich das Material gesammelt, um sich eine Meinung über die Situation im Vatikan zu bilden. Stampa arbeitet im vatikanischen Staatssekretariat.

(kna/rv 03.10.2012 sk)








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