Im Vatikan ist an
diesem Dienstag der Prozess gegen den ehemaligen päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele
fortgesetzt worden: In der zweiten Sitzung des vatikanischen Gerichts wurde der Angeklagte
selbst verhört sowie mehrere Zeugen angehört, unter ihnen auch der päpstliche Privatsekretär
Georg Gänswein. Der ehemalige Papstdiener muss sich seit Samstag wegen Diebstahls
vertraulicher Dokumente vor Gericht verantworten. Ihm drohen bis zu vier Jahre Haft.
Die Verhandlungen im vatikanischen Justizpalast begannen um 9.00 Uhr. Der Prozess
gegen den Informatikexperten Claudio Sciarpelletti findet getrennt vom Gabriele-Prozess
statt; ein Datum dafür wurde noch nicht genannt.
Paolo Gabriele handelte laut
eigener Angabe als Einzelperson ohne Komplizen, fasste Vatikansprecher Pater Federico
Lombardi vor der Presse nach dem zweiten Prozesstag zusammmen. Im Zuge der sogenannten
Vatileaks-Affäre waren seit Anfang des Jahres Dokumente, die teils unmittelbar vom
päpstlichen Schreibtisch stammen, aus dem Vatikan an die Öffentlichkeit gelangt.
„Paolo
Gabriele hat klar zugegeben, dass er diese Dokumente gesammelt und nach Außen übergegeben
hat. Er hat unterstrichen, dass er nicht aus Interesse an Geld so gehandelt hat, sondern
infolge einer Situation der Unbehaglichkeit, die er persönlich gefühlt habe. Er hat
sich schuldig bekannt, das in ihn gesetzte Vertrauen des Heiligen Vaters missbraucht
zu haben. Er hat bestätigt, dass es keine weiteren Komplizen in dieser Angelegenheit
gibt und dass er persönlich gehandelt hat, ohne von jemandem dazu gezwungen worden
zu sein und ohne die Zusammenarbeit mit anderen Personen.“
Die fünf angehörten
Zeugen, darunter auch der päpstliche Privatsekretär, hätten das bereits von ihnen
Gesagte bestätigt. Zur Aussage von Georg Gänswein führte Lombardi aus:
„Er
hat bestätigt, dass er in der Vergangeneheit nie Zweifel an der Person Paolo Gabriele
gehabt hat – er sei also von dieser Angelegenheit überrascht worden und habe zuvor
keinen Verdacht geschöpft.“
Im Laufe der Anhörung hatte Gabriele an diesem
Dienstag unter anderem angegeben, er habe in Kontakt mit den italienischen Kurienkardinälen
Angelo Comastri und Paolo Sardi gestanden. Mit dem Diebstahl vom päpstlichen Schriebtisch
seien diese Peronsnen aber keinesfalls in Zusammenhang gebracht worden, stellte Lombardi
in der Pressekonferenz klar. Gabriele habe die Idee, das er sich durch bestimmte Umstände
zum Diebstahl bewogen gefühlt habe und dem Bezug zu konkreten Personen - mit denen
er im Laufe seines Dienstes zu tun gehabt habe - getrennt. Am Mittwoch werden
die Anhörungen laut Lombardi fortgesetzt. Das Ende des Prozesses werde wohl voraussichtlich
auf das Ende dieser Woche fallen.