Vatikan/Syrien: „Die Kinder zahlen den höchsten Preis“
Dhiyabiya und Barze
– das sind die neuesten Namen für den Albtraum in Syrien. In den beiden Ortschaften
in der Nähe der Hauptstadt Damaskus wurden sechzig Ermordete gefunden, darunter Frauen
und Kinder. Für den blutigen Konflikt in Syrien „zahlen ausgerechnet die Kinder den
höchsten Preis“, sagt Vatikandiplomat Silvano Tomasi. Der Erzbischof vertritt den
Heiligen Stuhl bei den UNO-Einrichtungen in Genf.
„Sowohl von Rebellenseite
als auch von seiten des Militärs hören wir, dass in einigen Fällen Kinder als lebende
Schutzschilde eingesetzt worden sind, damit Bewaffnete auf ein militärisches Ziel
hin vorrücken konnten; dabei sind einige Kinder ums Leben gekommen.“
Auch
die Hälfte der syrischen Flüchtlinge in den Nachbarländern – Tomasi spricht von insgesamt
280.000 – sei minderjährig.
„Hunderte von Kindern oder Jugendlichen sind
außerdem ohne ihre Eltern, und deswegen sind sie in diesen Lagern ganz auf sich allein
gestellt, wissen nichts mit dem Tag anzufangen und tragen die Last traumatischer Erfahrungen
mit sich herum. Viele haben gesehen, wie Familienmitglieder getötet wurden, sie wurden
bombardiert oder haben leblose Körper am Straßenrand gesehen...“
Eine unglaubliche
Not in Syrien und den Nachbarländern also – warum bleibt die internationale Gemeinschaft
da untätig? Tomasi hat gelesen, dass selbst UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon im Moment
„keinen klaren politischen Willen aller Seiten“ erkennen kann, um die „Gewalt“ - das
Wort „Bürgerkrieg“ nehmen Vatikanvertreter nicht in den Mund, wenn es um Syrien geht
- zu beenden. Aber wer die Kämpfe in Syrien einfach so weiterlaufen lässt, nehme „wirklich
dramatische Folgen“ in Kauf, betont der Diplomat.
„Zwischen 20- und 30.000
Tote, 280.000 Flüchtlinge, über eine Million Binnenflüchtlinge, etwa zweieinhalb Millionen
Menschen, die nach UNO-Schätzungen humanitäre Hilfe brauchen, um zu überleben. Die
Folgen der Gewalt und des Kriegs sind gut sichtbar und dokumentiert – und trotzdem
blockieren starke politische Interessen die Möglichkeit, sich an einen Tisch zu setzen
und einen politischen Übergang auszuhandeln.“
Syrien setzt sich aus vielen
verschiedenen Gruppen zusammen: Kurden, Christen, Sunniten, Schiiten, Drusen, Alawiten;
sie hatten „bisher ein gewisses Gleichgewicht und Frieden untereinander gehalten“,
so Erzbischof Tomasi. Und er fügt hinzu:
„Die Interessen all dieser Gruppen
müsste ein politischer Übergang respektieren. Beten und arbeiten wir dafür, dass diese
Gewalt aufhört – dass die Kinder wieder zur Schule gehen und normal aufwachsen können,
statt zu Opfern in dieser Tragödie zu werden!“