Warum gibt es gerade
jetzt eine Wirtschaftskrise in Europa? Dieser drängenden Frage wollen europäische
Bischöfe in St. Gallen nachgehen. Dort tagt die diesjährige Vollversammlung des „Rates
der europäischen Bischofskonferenzen“ (CCEE). „Es geht darum, zu den Wurzeln der Probleme
vorzudringen“, sagte CCEE-Präsident, Kardinal Peter Erdö, am Donnerstag zur Eröffnung.
Das Treffen fasst einige „heiße Eisen“ an, etwa das Verhältnis von Staat und Kirche
oder das interreligiöse Zusammenleben in Europa.
Millionen von Menschen in
Europa hätten heute mit Schwierigkeiten zu kämpfen, sagte Erdö. Die europäischen Bischöfe
seien sich dessen bewusst. Deshalb wollten sie einen Beitrag zur Lösung der Probleme
leisten. Aus ihrer Sicht sei die aktuelle Krise aber nicht in erster Linie eine ökonomische.
Auch Papst Benedikt XVI. habe immer gesagt, die Krise sei zunächst eine Krise ethischer
und moralischer Natur, so Erdö. Der ungarische Kardinal umschrieb die Malaise mit
dem Begriff der „anthropologischen Revolution“, die sich derzeit abspiele und zu Hoffnungslosigkeit
führe. „Der einzige Wert, der heute zählt, ist das Wohlergehen des Augenblicks.“ Dadurch
riskiere man aber zum einen, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Und zum
anderen könne man keine Hoffnung im Hinblick auf die Zukunft haben.
Die Organisatoren
der Konferenz finden, dass sich die katholische Kirche in Europa an der Schweiz ein
Vorbild nehmen kann. Das sagte gegenüber Radio Vatikan der Mitorganisator der Vollversammlung
und Sprecher der Schweizer Bischofskonferenz, Walter Müller. Der CCEE-Vizepräsident,
der polnische Erzbischof Jozef Michalik, wies bei der Pressekonferenz darauf hin,
dass der CCEE eine „Frucht“ des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) sei. Der
Rat sei als Plattform des Austauschs für die europäischen Bischöfe geschaffen worden.
So soll der CCEE die Zusammenarbeit und den Kontakt unter den 37 Bischofskonferenzen
fördern. Darüber hinaus soll er aber auch die Begegnung mit den Bischofskonferenzen
der anderen Kontinente ermöglichen.
Auch Papst Benedikt hat eine Botschaft
an die Bischöfe in St. Gallen geschickt. Darin lädt er sie ein, „mit Hoffnung auf
die „Ernte“ zu blicken, die die Völker Europas sind“. Der Papst erinnert an die Projekte
Glaubensjahr und Neuevangelisierung: Die Bischöfe sollten „über die ewige Aufgabe
der Evangelisierung und deren erneute Dringlichkeit“ nachdenken. Die christliche Botschaft
schlage da Wurzeln, „wo sie echt und deutlich von einer Gemeinschaft gelebt wird“.
Die
diesjährige Vollversammlung des CCEE findet in St. Gallen, seit 1978 Sitz von CCEE,
statt, um das 1400-jährige Jubiläum der Ankunft des heiligen Gallus im gleichnamigen
Kanton zu feiern. Der heilige Gallus, Schüler des heiligen Kolumban, kam mit ihm und
anderen Schülern als Missionar aus Irland auf den Kontinent. Nachdem eine Krankheit
ihn gezwungen hatte, seine Reise bei Arbon zu unterbrechen, beschloss er, sich dem
Einsiedlerleben zu widmen. Bald schon aber zog sein Ruf der Heiligkeit viele andere
zu ihm hin, und es entstand eine Klostergemeinschaft, die zum treibenden Zentrum für
weitere Missionen unter zahlreichen Völkern wurde.