2012-09-28 12:09:37

Dialogprozess: Keine „Kultur der Folgenlosigkeit“


RealAudioMP3 Der Dialogprozess in der deutschen Kirche trägt bereits erste Früchte. Das betont der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Es gebe keineswegs eine „Kultur der Folgenlosigkeit“ beim Dialogprozess, meinte Zollitsch am Freitag nach dem Abschluss der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz. Die Bischöfe hätten bei ihrem Treffen in Fulda „die Bedeutung der Handlungsziele bekräftigt“, die sich aus dem Dialogprozess, vor allem aus dessen letzter Runde in Hannover, bisher ergäben. „Dazu gehören das Bemühen um eine angemessene Pastoral für zivil Geschiedene und wiederverheiratete Gläubige unter Einschluss arbeitsrechtlicher Aspekte, die Sorge um eine vermehrte Mitwirkung von Frauen in der Kirche und die Stärkung der Diakonie vor Ort.“

„Wir schreiben das Arbeitsrecht im Hinblick auf veränderte Lebensformen fort, was unter anderem auch theologische Klärungen verlangt. Im Zusammenhang der Schwerpunktsetzung der Bischöfe wurde in Hannover auch die Frage der Rolle der Frauen angesprochen. Wir sind daran interessiert, Frauen in kirchliche Verantwortung zu bringen. Diesem Thema und möglichen Verabredungen ist der Studientag der nächsten Vollversammlung (2013) in Trier gewidmet.“

Zum pastoralen Umgang mit Geschiedenen und Wiederverheirateten hat die Deutsche Bischofskonferenz eine Arbeitsgruppe eingerichtet: Sie soll „Aspekte für eine Handreichung ausarbeiten und dem Ständigen Rat vorlegen.“

„In unseren Überlegungen fühlen wir uns von den Worten Papst Benedikt XVI. ermutigt, die er
beim Welttreffen der Familien am 2. Juni 2012 in Mailand gesagt hat: Er bezeichnete das
Problem der wiederverheirateten Geschiedenen als „eines der großen Leiden der Kirche“ und
fügte hinzu, dass es keine Patentrezepte bei der Lösung gebe. Benedikt XVI. betonte, dass die
Kirche auch diese Menschen liebe: „Es scheint mir eine große Aufgabe einer Pfarrei, einer
katholischen Gemeinde zu sein, wirklich alles nur Mögliche zu tun, damit sie sich geliebt und
akzeptiert fühlen, damit sie spüren, dass sie keine ‚Außenstehenden’ sind, auch wenn sie nicht
die Absolution und die Eucharistie empfangen können: sie müssen sehen, dass sie auch so
vollkommen in der Kirche leben.“ “

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz äußerte sich auch zum Dekret zum Kirchenaustritt, das die Bischöfe letzte Woche veröffentlicht haben. Er unterstrich, „ dass es hier nicht einfach um die Frage der Kirchensteuer geht, wie in manchen Medien zu lesen war”.

„Es geht um die Kirchenmitgliedschaft und die Sakramentalität der Kirche. Wer „austritt“, verlässt die Kirche und hat an deren sakramentalen Vollzügen keinen aktiven Anteil wie zuvor. Mit dem Dekret, das in Abstimmung mit dem Heiligen Stuhl entstanden ist, haben wir die Konsequenzen festgelegt, die jemanden treffen, wenn er durch zivilen „Austritt“ die Kirche verlässt: Ein ziviler „Kirchenaustritt“ ist eine förmliche Distanzierung von der Kirche und schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft.“

Zollitsch erinnerte auch an den Papstbesuch in Deutschland vor genau einem Jahr und an die von Benedikt XVI. angestoßene Debatte über eine nötige „Entweltlichung“ der Kirche. Die Säkularisierung sei „kein rein negatives Phänomen“, meinte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Immerhin habe sie „in Europa sowohl für die Individuen als auch für die Kirche große Freiheitspotentiale erschlossen, ja das Christentum selbst hat wesentliche Denkvoraussetzungen bereitgestellt, die eine recht verstandene Säkularisierung und eine „Entgöttlichung“ der Welt erst ermöglichten”. Eine „kritische Auseinandersetzung” müsse aber „jenen Säkularisierungstendenzen gelten, bei denen der Glaube ins rein Private abgedrängt und aus dem Raum des öffentlichen Diskurses ausgeschlossen wird“, so Zollitsch.

Zum Thema Religionsunterricht erklärte der Freiburger Erzbischof, die deutschen Bischöfe wollten sich „auch in der Zukunft politisch für den Erhalt des Religionsunterrichts einsetzen, wie er im Grundgesetz (Art. 7 Abs. 3) garantiert ist“. „Ebenso werden wir die Qualitätsentwicklung des Faches nach Kräften unterstützen.” Die Reli-Stunde könne allerdings „weder die religiöse
Erziehung in der Familie noch die Katechese in den Gemeinden ersetzen”. Die Revision der „Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift“ komme „gut und zügig voran“, berichtete Zollitsch außerdem; und zum 50. Jahrestag des Konzilsbeginns stellte er ein Hirtenwort der deutschen Bischöfe vor. Um die „schwierige Lage der Bistumspresse“ ein wenig zu lindern, setzen die Bischöfe auf eine stärkere Nutzung der „crossmedialen Potentiale und Synergien der Bistumszeitungen“. Zum 1. Januar 2013 werde für zwei Jahre ein Koordinator für die Bistumspresse eingestellt, der diese Potentiale sichtbar und intensiver nutzbar machen soll.

Auch eine wichtige Personalentscheidung haben die deutschen Bischöfe bei ihren Gesprächen in Fulda getroffen: Neuer Ökumene-Verantwortlicher wird der Magdeburger Bischof Gerhard Feige. Eigentlicher Schlusspunkt der Herbst-Vollversammlung war ein Gottesdienst der Bischöfe am Freitag Morgen. Dabei kritisierte der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst in seiner Predigt eine „Hegemonie des Verdachts und pauschaler Verurteilung gegenüber der Kirche“. Dadurch könnten „notwendige Umkehr und zaghafter Aufbruch“ erstickt werden. Notwendig seien konstruktive Kritik, Mitgefühl und Aufeinanderhören. Der Bischof rief die Christen auf, nicht zu resignieren und auszutreten. „Nur wer bleibt, kann verändern“, sagte er. „Wer geht, fehlt, wenn es darum gehen muss, unserem Glauben wieder ein lebendiges Gesicht zu geben.“

(rv/domradio 28.09.2012 sk)








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