2012-09-27 17:26:13

D/Nigeria: Gemeinsam gegen Terrorismus


RealAudioMP3 Der Vorsitzende der Nigerianischen Bischofskonferenz, Erzbischof Ignatius Kaigama, hat an diesem Donnerstag in Fulda die Internationale Gemeinschaft dazu aufgerufen, gemeinsam mit den nigerianischen Autoritäten den ausufernden Terrorismus in seinem Land zu bekämpfen. Der Erzbischof von Jos war zu Gast bei der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz, um auf die Situation der Christen in Nigeria aufmerksam zu machen. Sie sehen sich in letzter Zeit verstärkt terroristischen Angriffen, die insbesondere durch die Sekte Boko Haram ausgeübt werden, ausgesetzt. Der Erzbischof zeigte während seines Vortrags Verständnis dafür, dass verschiedene Gruppierungen in seinem Land auf mangelnde politische Beteiligung und Ausbeutung in ihrem territorialem Gebiet aufmerksam machen wollten. Die Sekte Boko Haram, so der Erzbischof, hieve die Konflikte aber auf eine andere, nämlich die religiöse Ebene. Christen werden als „westlich“ und nicht dem Islam entsprechend gebrandmarkt und sind somit, der Philosophie der Sekte nach, zu vernichten. Doch:

„Die Philosophie von Boko Haram widerspricht vollkommen dem, wofür Religion steht. Während sie die westliche Erziehung als Übel verurteilen und stattdessen den Islam und die vollständige Einführung der Sharia predigen, gebrauchen sie doch westliche Waffen und Kommunikationsmittel. Die islamistische Sekte hat Präsident Goodluck Jonathan dazu aufgefordert, zum Islam überzutreten oder abzudanken, und sie haben wiederholt, dass die Christen keinen Frieden mehr haben würden, ehe sie nicht zum Islam übertreten.“

Jedoch auch der Erzbischof scheut sich nicht davor, den Präsidenten direkt auf Missstände hinzuweisen. Während eines Treffens der Bischöfe im vergangenen Juni hatten sie sich formal an den Präsidenten gewandt und ihrer Position Ausdruck verliehen, dass Kriminalität und Terrorismus nicht verhandelbar sein. Außerdem hätten Sie Goodluck Jonathan darauf aufmerksam gemacht,

„dass den Christen nach wie vor das Recht verweigert wird, in einigen nördlichen Gebieten des Landes Kirchen zu bauen, christlichen Religionsunterricht in den Schulen zu erhalten, christliche Programme auf nationalen oder Staatsrundfunksendern auszustrahlen oder christliche Kapellen in öffentlichen Gebäuden einzurichten, um den christlichen Mitarbeitern oder Studenten spirituellen Beistand zu geben; dennoch, den Muslims ist alles das erlaubt.“

Der Erzbischof hat für seine Friedens- und Dialogbemühungen bereits renommierte Friedenspreise in Empfang nehmen können; der Amerikanische Kongress hatte sich vor kurzem in einer Sondersitzung mit dem Problem der Terrorsekte befasst, und in Deutschland hatte Kaigama, neben den Vertretern verschiedener Hilfswerke, im September auch Bundespräsident Gauck getroffen:

„Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung durch das deutsche Volk, die uns über die Hilfswerke Misereor, Missio und Kirche in Not zukommt. Die sozialen Dienste wie Wasserversorgung, ärztliche Basisversorgung, Hilfe für Opfer von Krisen, Landbau und Programme wie Friedenserziehung, Wahlbeobachtung und gute Regierungsführung, die insbesondere mit der Hilfe durch Misereor die Kirche dabei unterstützt haben, alle Bürger ohne Ansehen des Stammes oder der Religion zu erreichen.“

Auch der Besuch einiger Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz in Nigeria unter der Leitung von Erzbischof Robert Zollitsch im Jahr 2009 sei ein wichtiges Zeichen gewesen, dessen positive Nachwirkungen bis heute reichten. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz seinerseits würdigte im Pressegespräch den Einsatz von Erzbischof Kaigama für Frieden und Dialog, benannte aber auch deutlich die Verantwortung aller in diesem Konflikt:

„Es soll hier ehrlich benannt werden, dass es bei Ausschreitungen auch christliche Täter gegeben hat. Manche Spannung hat auch mit dem Fehlverhalten christlicher Gruppen zu tun. Dennoch muss mit der gleichen Eindeutigkeit festgehalten werden, dass die Mehrzahl der Opfer Christen und die Mehrzahl der Anschlagsziele christliche Kirchen sind. Zudem gibt es keine terroristische christliche Gruppe, die mit Boko Haram vergleichbar wäre. Vor diesem Hintergrund bin ich sehr dankbar, dass die nigerianischen Bischöfe nicht müde werden, trotz der Gewalt gegen Christen zu Dialog, Besonnenheit und Friedfertigkeit aufzurufen. Erzbischof Kaigama steht mit seiner ganzen Person für diesen Einsatz zugunsten des Friedens. Er praktiziert ihn oft auch unter Gefahr für sein eigenes Leben.“

Die beiden Erzbischöfe Kaigama und Schick waren sich jedenfalls bei ihrer allgemeinen Einschätzung zur Lage in Nigeria einig: Die aktuelle Situation sei nur vordergründig ein Konflikt zwischen Christen und Muslimen. Näher betrachtet aber zeige sich „ein Versagen der staatlichen Stellen und der Regierung, in diesem bevölkerungsreichsten Land Afrikas für eine rechtsstaatliche Grundordnung und sozialen Frieden zu sorgen“. Der Terror von Boko Haram, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in seinem Vortrag, sei auch Ausdruck einer Staatskrise in Nigeria. Der Regierung gelinge es aufgrund ihrer Schwäche nicht, den vorhandenen Reichtum des Landes – der unter anderem in einem enormen Rohölvorkommen besteht – gerecht zu verteilen.

(rv/pm 27.09.2012 cs)








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