Italien/Philippinen: 2007 entführter und freigekommener Missionspater verstorben
In der Nacht auf diesen
Sonntag ist ein berühmter italienischer Missionar verstorben: Pater Giancarlo Bossi.
An diesem Mittwoch wurde er in Castelletto bei Mailand beigesetzt. 32 Jahre lang wirkte
der Pater auf der philippinischen Insel Mindanao. 2007 wurde er dort von muslimischen
Milizen entführt und nach zermürbenden 40 Tagen wieder freigelassen. Sein Schicksal
bewegte damals die Welt, Papst Benedikt XVI. betete während der Gefangenschaft des
Paters täglich für ihn. Wenige Monate später traf Pater Bossi den Papst während des
Jugendtreffens in Loreto. Christen und Muslimen gleichermaßen schätzten den Missionar
wegen seiner praktizierten Nächstenliebe, und selbst nach seiner Entführung durch
muslimische Rebellen war er nicht bereit, die Vorstellung zu akzeptieren, Religionszugehörigkeit
sei ein entscheidendes Merkmal für Fehlverhalten. Radio Vatikan hatte mit Pater Bossi
kurz nach seiner Freilassung gesprochen:
„Die größte Freude macht mir, dass
ich in meine Gemeinde zurück kehren und meine Gemeindemitglieder grüßen konnte. Ich
musste zurück, denn in Payao sind zwar die Mehrheit Christen, aber im Zentrum von
Payao sind die Verhältnisse genau ausgeglichen, und ich wollte verhindern, dass es
zu einem Zivilisationsstreit oder Religionskrieg kommen könnte, um das mal so zu nennen.
Ich habe ihnen allen dann gesagt, dass meine Entführer im Grunde einfach nur Kriminelle
waren, nur die paar Leute, die mich entführt haben, aber eben keineswegs alle Muslime!
Das gleiche ist doch, wenn ein Christ etwas stiehlt: dann sind nicht alle Christen
Diebe! Ich glaube, das haben die Menschen in Payao verstanden…“
Drei Mal
pro Tag beteten seine Entführer, erzählte der Missionar. Sobald sie das taten, habe
er selbst auch gebetet, selbst wenn es eine recht merkwürdige Situation des gleichzeitigen
Gebetes gewesen sei:
„Meine Gedanken waren: beten wir denn zum selben Gott?
Denn wenn es ein Gott des Friedens und der Nächstenliebe ist, warum beten dann diese
Menschen, die ein Gewehr in der einen und mich als Gefangenen in der anderen Hand
haben? Das schien mir ein großer Widerspruch zu sein, oder etwa nicht? Deshalb fragte
ich sie danach, und ihre Antwort war sehr einfach. Sie sagten mir, Allah sei in ihrem
Herzen, aber nicht in ihrer Arbeit. Und dasselbe gilt auch für viele Christen. Das
heißt, Gott existiert, aber in unserem täglichen Dasein sind es wir, die die Entscheidungen
treffen. Gott hat damit nichts zu tun! Und das ist eine Sache, über die wir nachdenken
müssen.“
Auch über eine andere Sache, so der Pater, lohne es sich nachzudenken.
„Ich denke, die Entführung durch die Muslimmilizen hat mich gelehrt, dass
wir immer noch sehr weit davon entfernt sind, einander als Brüder zu erkennen. Ich
hoffe und glaube, dass der Tag kommt, an dem wir gemeinsam sagen können: Gott ist
unser aller Vater, die wir die Kinder Gottes sind, und dass wir damit anerkennen,
dass wir wahrhaft Brüder und Schwestern sind.“
So zutreffend die Aussage
von Pater Giancarlo Bossi vor fünf Jahren gewesen sein mochte, die aktuellen Ereignisse
in der muslimischen und westlichen Welt verleihen seinen Aussagen eine eigene Zeitlosigkeit.
An den Begräbnisfeierlichkeiten an diesem Mittwoch nahmen der Generalvikar des Päpstlichen
Rates Pater Livio Maggi und der Generalvikar der Diözese Mailand, Mario Delfini, teil.
Pater Bossi ist in der Kirche von Castelletto bei Mailand beigesetzt worden, in der
er 1978 die Priesterweihe empfangen hatte.