Neuer Vatikanberater: „Proteste aus Pflichtgefühl“
Der neue Vatikanberater
Felix Körner rät dazu, den derzeitigen Aufschrei in der islamischen Welt angesichts
des Mohammed-Schmähfilms nicht überzubewerten. Der Jesuit Körner, der an der Päpstlichen
Universität Gregoriana in Rom lehrt, ist vom Papst am Freitag zum Mitglied der Kommission
für den Dialog mit dem Islam ernannt worden. Im Gespräch mit Radio Vatikan meinte
er:
„Die Gewaltexzesse, die wir im Moment leider während der Demonstrationen
beobachten, sind auf einem bestimmten Hintergrund zu lesen. Klar ist mir das geworden,
als ich vor vier Jahren das erste Mal mit einer Gregoriana-Delegation in Iran war.
Wir wurden dort auch als offizielle Vertreter der katholischen Kirche wahrgenommen,
und man stellte uns in einer theologischen Fakultät die Frage: Wieso zeigt ihr Christen,
wenn Religiöses beleidigt und Heiliges in den Schmutz gezogen wird, keine Entrüstung
– und zwar bis in die geäußerte Wut hinein? Muslime meinen oft, sie müßten die Heiligkeit
des Geglaubten dadurch wiederherstellen, dass sie es mit all ihren Kräften verteidigen!
Das ist also nicht eine Wut, die nun über bestimmte Leute Herr wird, sondern es ist
etwas, zu dem man sich verpflichtet fühlt.“
Natürlich gebe es mittlerweile
auch viele Muslime, die meinten, man müsse solchen Protest „sachlich äußern und nicht
in Wut oder Gewalt ausbrechen“. Aber wenn die Gewalt ausbreche, handle es sich bei
vielen, „auch bei nachdenklichen Muslimen“ nicht um eine unkontrollierte Emotion,
„sondern um die Folge eines Pflichtgefühls“. „Das muss man mit sehen, wenn man die
schlimmen Ereignisse dieser Tage beobachtet“, so Pater Körner. Sehr zufrieden äußerte
sich der deutsche Jesuit mit der Libanonreise von Papst Benedikt am letzten Wochenende:
„Es hat mich wirklich befreut, beobachten zu können, welche theologischen
Akzente der Papst da setzen konnte. Das Leitmotiv der ganzen Papstreise in den Libanon
war ein arabisches Wort, das Benedikt XVI. auch immer auf arabisch zitiert hat – es
stammt aus dem Mund Jesu, in den Abschiedsreden im Johannesevangelium sagt Jesus:
„Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch.“ Und dieses „Meinen Frieden
gebe ich euch“ hat der Papst in nahezu jeder Ansprache auf arabisch wiederholt; es
ist deswegen genau das richtige Motto für einen solchen Papstbesuch in brenzliger
Zeit und schwieriger Gegend, weil der Papst keine andere Aufgabe haben kann, als im
Namen Jesu – er zitiert ja ein Jesuswort – das Angebot und den Zuspruch zu wiederholen,
der von Jesus selbst ausgeht. Frieden läßt sich nur erreichen, indem ich die Hand
ausstrecke und das Lebenszeugnis gebe und im Wort bezeuge, dass die Quelle unseres
Friedens Jesus Christus heißt. Es läßt sich nicht ein Frieden erreichen, indem ich
mit Waffengewalt, Brutalität oder auch nur einem Macho-Gehabe auftrete. Diese bescheidene,
sympathische, theologisch tiefe, gut reflektierte und einladende Haltung des Papstes
war genau das Angemessene – und ist ja auch sehr positiv aufgenommen worden.“
(rv
22.09.2012 sk)
In unserem Audio-Angebot können Sie das ganze Interview von
Mario Galgano mit Pater Körner hören.