Bischof Ackermann: Gefahr einer neuen Form des Wettrüstens
Der Trierer Bischof
Stephan Ackermann hat kritische Anfragen an die Beschaffung und den Einsatz bewaffneter
Drohnen gestellt und eine breite öffentliche und politische Diskussion über diese
Fragen gefordert. „Die ethische Kernfrage lautet: Wie wirkt sich diese neue Waffengattung
auf das ethische Ziel der Gewaltminimierung aus? Kann man die voraussichtlichen problematischen
Nebenwirkungen in den Griff bekommen? Und wenn ja, wie?“ schreibt Bischof Ackermann
in einer am Montag veröffentlichten Erklärung in seiner Funktion als Vorsitzender
der Deutschen Kommission „Justitia et Pax“ („Gerechtigkeit und Frieden“). Bischof
Ackermann:
„Zunächst ist natürlich das Anliegen, das Risiko für die eigenen
Soldaten durch den Einsatz dieser bewaffneten und unbemannten Kampfdrohnen zu minimieren,
vollkommen berechtigt. Die Absicht ist ja auch, die Gewalt insgesamt zu minimieren,
aber die Frage ist nur, ob das durch diese Drohnen wirklich erreicht wird, denn wir
meinen doch, dass sie nochmals eine neue Qualität in diese Waffen hineinbringen.“
Bei
Drohnen handelt es sich um unbemannte Fluggeräte. Sie können – mit Raketen bestückt
– auch für militärische Angriffe eingesetzt werden und dienen daneben auch der Überwachung,
Erkundung und Aufklärung. Die Bundeswehr hat in jüngster Vergangenheit die Beschaffung
von Kampfdrohnen für die deutsche Luftwaffe gefordert. Auch Verteidigungsminister
Thomas de Maizière hält Drohnen für „ethisch neutral“. Bischof Ackermann weist jedoch
auf die Gefahren dieser Sichtweise hin:
„Wenn man zum Beispiel vor der
Frage steht, will ich dem militärischen Personal des Gegners Einhalt gebieten, möglicherweise
auch durch Festnahme, oder habe ich die Möglichkeit, den Gegner von einem sicheren
Ort aus zu töten? Ist dann nicht möglicherweise die Option, die man wählt, den Gegner
gezielt aus der Entfernung durch Tötung auszuschalten? Aber dann würde die Gewalt
möglicherweise doch erhöht, im Gegensatz zur Situation in der man versucht, einen
Gegner gefangen zu nehmen.“
In früheren Jahren, wie beispielsweise im
ersten Irakkrieg, hätten Strategen gesagt, mit bestimmten Waffen sei ein quasi chirurgischer
Eingriff auf engstem Raum möglich, so der Bischof weiter. Aber:
„Die Frage
ist nur – und es hat sich ja auch gezeigt, dass das so nicht möglich ist - lässt sich
wirklich unterscheiden zwischen Kämpfern und Unbeteiligten oder gibt es immer wieder
so genannte Kollateralschäden, die man aus der Entfernung nicht vermeiden kann, die
man aber wieder in Kauf nimmt, weil man selbst in größerer Sicherheit ist.“
Zudem
stelle sich die Frage, ob durch die Möglichkeit, Waffen am Computerbildschirm auf
Distanz einzusetzen, ohne die Einsatzsituation und ihre existenziellen Risiken selbst
zu erfahren, nicht unvermeidlich die mentale Schwelle herabgesenkt werde, an der der
Entschluss zu einem solchen Einsatz gefällt wird. Es bestehe möglicherweise die Gefahr,
dass der tiefe Ernst der Entscheidung, Gewaltmittel einzusetzen, technisch verschleiert
werde. Außerdem gebe es noch weitere Gefahren zu bedenken, so Ackermann:
„Hier
besteht die Gefahr, dass es eine neue Form von Wettrüsten gibt, dass natürlich einerseits
Staaten sehr interessiert an diesen Waffen sind, aber auch Terroristen könnten die
Waffen in ihren Besitz bringen wollen. Wie ist das zu kontrollieren? Hier gibt es
neue Gefahren, die nicht absehbar sind, und von daher sind wir der Meinung, dass es
dazu wirklich eine gründliche und offene Diskussion über die Frage der Anschaffung
von bewaffneten Drohnen braucht. Wir stellen kritische Anfragen. Das ist nicht von
vorne herein eine ethisches Beurteilung, bei dem es nur ein Resultat gibt, sondern
wenn es um eine ethische Abwägung und die Frage dessen, was vertretbar ist, geht,
dann müssen eben Dinge und Perspektiven gründlich bedacht werden, und das sollte nicht
nur im kleinen Kreis geschehen, sondern in einer breiten Diskussion.“
Die
Kommission Justitia et Pax ist eine Einrichtung der Deutschen Bischofskonferenz und
des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Ihre Aufgabe ist die Förderung von Entwicklung,
Menschenrechten und Frieden.