2012-09-18 13:25:13

Bischof Ackermann: Gefahr einer neuen Form des Wettrüstens


RealAudioMP3 Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat kritische Anfragen an die Beschaffung und den Einsatz bewaffneter Drohnen gestellt und eine breite öffentliche und politische Diskussion über diese Fragen gefordert. „Die ethische Kernfrage lautet: Wie wirkt sich diese neue Waffengattung auf das ethische Ziel der Gewaltminimierung aus? Kann man die voraussichtlichen problematischen Nebenwirkungen in den Griff bekommen? Und wenn ja, wie?“ schreibt Bischof Ackermann in einer am Montag veröffentlichten Erklärung in seiner Funktion als Vorsitzender der Deutschen Kommission „Justitia et Pax“ („Gerechtigkeit und Frieden“). Bischof Ackermann:

„Zunächst ist natürlich das Anliegen, das Risiko für die eigenen Soldaten durch den Einsatz dieser bewaffneten und unbemannten Kampfdrohnen zu minimieren, vollkommen berechtigt. Die Absicht ist ja auch, die Gewalt insgesamt zu minimieren, aber die Frage ist nur, ob das durch diese Drohnen wirklich erreicht wird, denn wir meinen doch, dass sie nochmals eine neue Qualität in diese Waffen hineinbringen.“

Bei Drohnen handelt es sich um unbemannte Fluggeräte. Sie können – mit Raketen bestückt – auch für militärische Angriffe eingesetzt werden und dienen daneben auch der Überwachung, Erkundung und Aufklärung. Die Bundeswehr hat in jüngster Vergangenheit die Beschaffung von Kampfdrohnen für die deutsche Luftwaffe gefordert. Auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière hält Drohnen für „ethisch neutral“. Bischof Ackermann weist jedoch auf die Gefahren dieser Sichtweise hin:

„Wenn man zum Beispiel vor der Frage steht, will ich dem militärischen Personal des Gegners Einhalt gebieten, möglicherweise auch durch Festnahme, oder habe ich die Möglichkeit, den Gegner von einem sicheren Ort aus zu töten? Ist dann nicht möglicherweise die Option, die man wählt, den Gegner gezielt aus der Entfernung durch Tötung auszuschalten? Aber dann würde die Gewalt möglicherweise doch erhöht, im Gegensatz zur Situation in der man versucht, einen Gegner gefangen zu nehmen.“

In früheren Jahren, wie beispielsweise im ersten Irakkrieg, hätten Strategen gesagt, mit bestimmten Waffen sei ein quasi chirurgischer Eingriff auf engstem Raum möglich, so der Bischof weiter. Aber:

„Die Frage ist nur – und es hat sich ja auch gezeigt, dass das so nicht möglich ist - lässt sich wirklich unterscheiden zwischen Kämpfern und Unbeteiligten oder gibt es immer wieder so genannte Kollateralschäden, die man aus der Entfernung nicht vermeiden kann, die man aber wieder in Kauf nimmt, weil man selbst in größerer Sicherheit ist.“

Zudem stelle sich die Frage, ob durch die Möglichkeit, Waffen am Computerbildschirm auf Distanz einzusetzen, ohne die Einsatzsituation und ihre existenziellen Risiken selbst zu erfahren, nicht unvermeidlich die mentale Schwelle herabgesenkt werde, an der der Entschluss zu einem solchen Einsatz gefällt wird. Es bestehe möglicherweise die Gefahr, dass der tiefe Ernst der Entscheidung, Gewaltmittel einzusetzen, technisch verschleiert werde. Außerdem gebe es noch weitere Gefahren zu bedenken, so Ackermann:

„Hier besteht die Gefahr, dass es eine neue Form von Wettrüsten gibt, dass natürlich einerseits Staaten sehr interessiert an diesen Waffen sind, aber auch Terroristen könnten die Waffen in ihren Besitz bringen wollen. Wie ist das zu kontrollieren? Hier gibt es neue Gefahren, die nicht absehbar sind, und von daher sind wir der Meinung, dass es dazu wirklich eine gründliche und offene Diskussion über die Frage der Anschaffung von bewaffneten Drohnen braucht. Wir stellen kritische Anfragen. Das ist nicht von vorne herein eine ethisches Beurteilung, bei dem es nur ein Resultat gibt, sondern wenn es um eine ethische Abwägung und die Frage dessen, was vertretbar ist, geht, dann müssen eben Dinge und Perspektiven gründlich bedacht werden, und das sollte nicht nur im kleinen Kreis geschehen, sondern in einer breiten Diskussion.“

Die Kommission Justitia et Pax ist eine Einrichtung der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Ihre Aufgabe ist die Förderung von Entwicklung, Menschenrechten und Frieden.

(rv/pm 18.09.2012 ord)








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