Unser Korrespondent
in Beirut, Stefan Kempis, war während der Messe von Papst Benedikt an der „Waterfront“.
Hier sind seine Eindrücke.
Soldaten mit Kalaschnikows in den Händen, penible
Kontrollen wie auf einem Flughafen, Militärhubschrauber in der Luft – aber die Lage
ist festlich, nicht nervös. Man sieht Luftballons und viele libanesische Fahnen. Der
Papst feiert mit 300.000 Menschen die Messe buchstäblich auf den Trümmern des Bürgerkriegs,
die man zu einem Platz am Meer aufgeschüttet hat, gleich neben dem schicken Yachthafen
von Beirut.
„Ich bin wirklich froh, so viele Christen auf einmal zu sehen“,
sagt ein Gottesdienstteilnehmer. „Es ist eine festliche Atmosphäre – dafür waren wir
Libanesen eigentlich auch immer bekannt, aber die Konflikte haben uns untereinander
gespalten.“ – „Mein Eindruck? Es ist wunderbar!“, meint eine gebürtige Libanesin,
die lange in Miami gelebt hat und jetzt in den Libanon gezogen ist. „Es tut richtig
gut zu sehen, wie alle Libanesen einmal zusammenkommen! Der Papstbesuch ist eine gute
Gelegenheit, einmal Unterstützung für die Kirche zu zeigen. Solche Einigkeit erlebt
man im normalen Alltag hier sonst nicht – aber immerhin, wenn es zum Schwur kommt,
dann finden sie tatsächlich zusammen. Es gibt also noch Hoffnung!“
Arabisch,
Französisch, Armenisch, Englisch, Griechisch und natürlich Latein – das sind die Sprachen,
die man hört auf dieser bunten Messfeier. Außer den Patriarchen des Orients in prachtvollen
Gewändern konzelebrieren auch viele Bischöfe aus anderen Ländern des Nahen Ostens:
Denn diese Messe gilt der ganzen Region.
„Die Menschen kommen von überall
her“, sagt dieser Gottesdienstbesucher, „aus den USA, Kanada, Australien… Jordanien,
Syrien… sogar aus Japan! Wir lieben Benedikt, und wir hoffen, dass er Frieden und
Liebe mit sich bringt. Wir brauchen so jemanden wie Papst Benedikt! Ich selbst komme
aus Dubai, ich bin Exil-Libanese und bin hier in Ferien, aber es trifft sich gut,
dass auch der Papst gerade hier ist – da gehe ich natürlich hin.“
Selbst während
der Kommunionausteilung durch 350 Priester streifen bewaffnete Soldaten durch die
Reihen der Gläubigen, aber die Stimmung bleibt ausgelassen wie bei einem Familienfest.
Die Menschen leiden im Moment unter der Hitze, nicht unter der Hisbollah. Vom Geschehen
vorne auf dem Podium bekommen allerdings viele gar nichts mit, trotz der Lautsprecher
und Großleinwände.
„Es war für mich vor allem bewegend, als der Heilige Vater
direkt an uns vorbeigefahren ist. Aber es sind zu viele Leute hier, man kann sich
gar nicht konzentrieren oder beten. Ich versuche, innerlich still zu sein, um zu beten…
Wir sind auch ein bisschen weit entfernt hier, ich sehe den Papst nur ganz klein in
der Ferne. Aber es ist eine Freude!“ – Haben Sie etwas von der Papstpredigt verstanden?,
frage ich. „Nein, nicht so richtig, weil sich die Leute neben mir die ganze Zeit unterhalten
haben. Aber wenn ich nach Hause komme, höre ich sie mir noch einmal an.“
„Es
ist sicher ein Reichtum, dass hier mit dem Papst mehrere Patriarchen unterschiedlicher
Riten zelebrieren“, urteilt ein maronitischer Geistlicher. „Aber die wichtigen Messtexte
waren auf Latein, und da haben viele Menschen bestimmt nichts verstanden. Zuviel Latein,
meiner Meinung nach! Man sollte die Messe doch in der Sprache feiern, die die Leute
verstehen können…“