2012-08-31 13:39:02

USA: „Bewusster, politischer Schachzug“


RealAudioMP3 Das Gebet des New Yorker Kardinals Timothy Dolan bei der offiziellen Nominierung von Barack Obamas Herausforderer Mitt Romney dürfte vielen christlichen Wählern in den USA gefallen haben. Das vermutet der USA-Experte Godehard Brüntrup SJ von der Jesuiten-Hochschule für Philosophie in München. Der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz hatte auf dem Republikaner-Treffen um göttlichen Beistand für die amerikanischen Politiker gebetet und dabei namentlich Mitt Romney und seinen Stellvertreter Paul Ryan genannt. Als Unterstützung der katholischen Kirche für die Republikaner will die Partei den Auftritt des Kardinals nicht gewertet wissen. Politisch ganz unwirksam dürfte die Aktion aber nicht gewesen sein, so Brüntrup im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Ich denke, das ist ein bewusster politischer Schachzug, um gerade den so genannten ,Bible Belt’ im mittleren Westen und Süden anzusprechen. Dort sind die Menschen fundamentalistisch-christlich eingestellt und verlangen auch von einem Präsidenten, den sie wählen, dass er ihre Grundwerte teilt. Diese Gruppe will Romney natürlich ansprechen. Jedoch hat das Obama auf seine Weise auch getan, er benutzt immer wieder religiöse Metaphern, er spricht über Gott, seine Beziehung zur Kirche spielt im Wahlkampf eine große Rolle. Ich denke, dass es sehr schwer wäre für jemanden, der in Amerika zum Präsidenten gewählt werden will, seine Religiosität nicht öffentlich zu zeigen – es gehört immer noch zu einem amerikanischen Präsidenten, dass er seine Religiosität öffentlich zeigt.“

Offizielle Linie der US-Bischofskonferenz ist es im Präsidentschaftswahlkampf, weder einzelne Parteien noch Kandidaten zu unterstützen und kirchliche Einrichtungen auch nicht für Wahlkampfveranstaltungen zur Verfügung zu stellen. Allerdings gehört das von Kardinal Dolan geleitete Erzbistum New York zu den rund vierzig katholischen Einrichtungen, die derzeit gerichtlich Klage gegen eine Verordnung der Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama führen. Ein Dorn im Auge ist den Katholiken die darin enthaltene Verpflichtung für Arbeitsgeber, Beschäftigten kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln und Sterilisation zu gewähren. In Punkto Gesundheitsreform versuche sich Romney vor allem bei ethisch-moralischen Fragen von Obama abzusetzen, so Brüntrup:

„Er positioniert sich so, dass er mit konservativen Ansichten gerade in diesen Grundwertefragen – Abtreibung, Stammzellenforschung, Homosexuellenehe – die eher konservativ eingestellten Evangelikalen, aber auch etwa die Hälfte der Katholiken anspricht. Das ist seine religiöse Positionierung.“

Ansonsten spielten religiöse Überzeugungen in Romneys Wahlkampf aber keine explizite Rolle, fügt Brüntrup an. Wenn er sein Mormonentum herausstreiche, wäre das für den Präsidentschaftskandidaten auch „absolut selbstmörderisch“, so der Experte. Die Mormonen sind in den großen USA eine kleine Minderheit, und Romney wird aufgrund seiner religiösen Zugehörigkeit teilweise auch in der eigenen Partei misstrauisch beäugt.

Abgesehen von ethischen Überzeugungen lägen Präsident Obama und Romney in Punkto Gesundheitsreform gar nicht so weit auseinander, führt Brüntrup aus. So habe Romney in seinem eigenen Bundesstaat, wo er Gouverneur war, eine ähnliche Gesundheitsreform durchgesetzt, wie sie Obama auf Bundesebene durchgesetzt habe:

„Ein Punkt ist nur, dass diese Reformen nicht vom Zentralstaat Washington gemacht werden dürften, sondern dass das Staatensache ist. Also der Streitpunkt wäre, auf Europa übertragen: Dürfen wir Deutschen unsere eigenen Gesundheitsgesetze erlassen oder soll das von Brüssel gemacht werden? Obama ist für eine zentrale Lösung, Romney sagt, dass müssen die einzelnen Staaten für sich erledigen.“

(rv/kna 31.08.2012 pr)








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