Prager Soziologe Halik: „Das Wichtigste liegt in der Tiefe“
Neuevangelisierung
in den ehemaligen Ostblockländern sollte „dialogisch“ ablaufen. Dazu hat der Prager
Soziologe und Priester Thomas Halik auf dem 16. Internationalen Kongress Renovabis
in Freising geraten.Mit der Tagung unter dem Motto „Heute den Glauben entdecken.
Neue Wege der Evangelisierung in Europa“ beteiligt sich Renovabis am „Jahr des Glaubens“,
das Papst Benedikt XVI. im Oktober ausruft. Halik sagte im Interview mit der Pressestelle
der Erzdiözese Freiburg:
„Besonders in der nachkommunistischen Welt ist
die monologische Christianisierung, die Evangelisation ohne Inkulturation, bloß eine
Indoktrination, eine religiöse Propaganda. Besonders in der nachkommunistischen Welt
reagieren die Leute ganz allergisch auf Indoktrination. Wir brauchen also eine dialogische
Evangelisation!“
Dabei solle die Kirche durchaus auch neue Wege einschlagen,
appelliert Halik - schließlich sei sie auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil eine Art
Ehe mit der modernen Welt eingegangen.
„Jetzt, fünfzig Jahre nach dem Konzil,
sollten wir uns die Frage stellen, ob die Kirche ihren Versprechen treu geblieben
ist. Können wir heute mit gutem Gewissen eine ,Goldene Hochzeit’ mit den Menschen
von heute feiern? Ich meine, es bleibt noch viel zu tun. Und die Neuevangelisierung
sollte wirklich ,neu’ sein, keine Rekatholisierung, keine ,reconquista’.“
Damit
der katholische Glaube wirklich neue Strahlkraft entwickeln kann, brauche es „innere
Erneuerung“, so Halik. Seine Gedanken erinnern an den Ruf des Papstes nach einer „Entweltlichung“
der Kirche, den Benedikt XVI. vergangenes Jahr in Freiburg vorbrachte:
„Es
gibt viele Streitigkeiten zwischen den so genannten Progressiven und so genannten
Konservativen. Ich kann mich mit keinem von ihnen ganz identifizieren, denn es geht
ihnen beiden zu sehr um die äußere Struktur. Ich bin der Meinung, dass Wichtigste
liegt nicht links oder rechts, sondern in der Tiefe! Wir brauchen eine spirituelle
Erneuerung und auch eine theologisch-philosophische Erneuerung.“
Der Vorsitzende
der Deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch rief in Freising dazu auf, sich in
Europa auf die gemeinsamen Wurzeln zu besinnen. Seit Jahrhunderten gestalte das Christentum
die Kultur mit und beeinflusse den Alltag, erinnerte der Freiburger Erzbischof. Das
christlich-jüdische Erbe durchdringe das gesamte Leben, von Gesellschaft und Politik
über Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit bis hin zu Familie und Bildung. Katholiken,
Protestanten und Orthodoxe sollten sich trotz aller Unterschiede dieser Entwicklung
bewusst sein, so Zollitsch.