Syrien: Vor allem Kinder sind Leidtragende des Krieges
Syrien bleibt weiterhin
Schauplatz fortdauernder Kampfhandlungen, die Situation im Land verschlechtert sich
zusehends. Auch Kircheneinrichtungen sind nicht mehr sicher, so wurde erst in den
vergangenen Tagen die Residenz des Erzbischofs von Aleppo, Jean-Clément Jeanbart,
geplündert. Die Lateinische Bischofskonferenz der Region hat dem Apostolischen Vikar
in Aleppo, Giuseppe Nazzaro, an diesem Dienstag in einer Mitteilung ihre Solidarität
versichert. In der Erklärung zeigen sich die Bischöfe besorgt darüber, dass die Nachrichten
aus der Region immer mehr einem „Kriegstagebuch“ ähnelten. Sie verurteilen die Gewalt,
die vermehrt auch Christen und kirchliche Strukturen betreffe, und laden den Vikar
ein, an der nächsten Sitzung der Lateinischen Bischofskonferenz teilzunehmen, um seine
Eindrücke zu schildern und nach Lösungen zu suchen. Internationale Hilfswerke bündeln
unterdessen ihre Kräfte, um ausreichend Hilfe in die notleidende Region zu bringen,
und lassen sich von der lebensgefährlichen Situation vor Ort nicht abschrecken. Francesco
Rocca, Sonderkommissar des Italienischen Roten Kreuzes, hält sich in diesen Tagen
in Damaskus auf, um 350.000 Euro an Geldmitteln an den Roten Halbmond für wichtige
Soforthilfe für die Bevölkerung zu übergeben. Im Interview mit Radio Vatikan erklärt
er:
„Die Sicherheitslage ist extrem wandelbar, man kann sich plötzlich
und unerwartet in einer Kampfzone befinden, obwohl alles ruhig ausgesehen hat. Die
Hilfswerke arbeiten dennoch weiter; der Rote Halbmond hat bereits sechs Freiwillige
zu betrauern und dennoch verrichten sie weiterhin ihre Arbeit, auch in Daraya, wo
es kürzlich zu Kämpfen kam, und in anderen Kampfgebieten. Die Arbeit vor Ort unterliegt
aber natürlich strengen Sicherheitsrichtlinien.“
Die Geldmittel, die das
italienische Rote Kreuz zur Verfügung stellen konnte, so Rocca, seien nur ein Tropfen
auf dem heißen Stein. Dennoch wolle man die Zusammenarbeit mit dem Roten Halbmond
vor allem in den Gebieten verstärken, in denen sich die Flüchtlinge und Vertriebenen
aufhalten, die ein enormes Bedürfnis nach Hilfe hätten. Dabei sei es wichtig, dass
die Medien in ihrer Aufmerksamkeit für die Lage in der Region nicht nachlassen, denn:
„Man spricht nur von den politischen Zusammenhängen und vergisst in diesem
Moment, dass es den Schätzungen zufolge mehr als eineinhalb Millionen Vertriebene
gibt. Wir sprechen über extrem hohe Zahlen, über die wir aber zu wenig sprechen. Für
uns ist es wichtig, uns auf die Notwendigkeiten der Menschen zu konzentrieren und
den Menschen wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Dies ist die unmittelbare Bedingung
dafür, auch korrekte Informationen zu liefern.“
In der Zwischenzeit lässt
Teheran verlauten, dass Syriens Präsident Baschar al-Assad in Kürze die syrische Opposition
treffen wolle. Diese Worte kommen vom Präsidenten der Auslandskommission des iranischen
Parlaments, der an diesem Montag Syrien besucht hat und die Bereitschaft seiner Regierung
wiederholte, Friedensverhandlungen auf iranischem Boden durchzuführen. Angesichts
der sich verschlechternden Situation verlassen jedoch auch immer mehr Familien mit
Kindern Syrien und flüchten in die Nachbarländer, die dem Ansturm der Hilfsbedürftigen
alleine nicht mehr Herr werden. Laut Angaben von UNICEF sind alleine am vergangenen
Wochenende in einer Nacht über 2.000 Menschen über die jordanisch-syrische Grenze
ins Flüchtlingscamp Zaatari geflohen, wo nun 17.000 Menschen lebten - die Hälfte
davon sind Kinder.
"Wir rechnen mit einem Anstieg auf 70.000 Menschen im
Flüchtlingscamp Zaatari bis Ende des Jahres", sagte die Leiterin des UN-Kinderhilfswerks
in Jordanien, Dominique Hyde, am Montag in Köln. "Wir müssen jetzt schnell handeln,
denn die Kinder leiden am härtesten." Für den Ausbau seiner Hilfen brauche UNICEF
dringend Spenden.
Vor allem Kinder litten in dem Lager unter sengender Hitze
und häufigen Sandstürmen. Ein Schwerpunkt der Hilfe liege deshalb auf der Versorgung
mit Wasser, Sanitäranlagen und Impfstoffen gegen die wachsende Krankheitsgefahr. Dringend
erforderlich sind laut Angaben auch psychosoziale Hilfen für traumatisierte Kinder,
die vor Gewalt fliehen mussten. Eine weitere Herausforderung sei die Versorgung unbegleiteter
Kinder, so Hyde.
UNICEF leistet nach eigenen Angaben Nothilfe für vom Bürgerkrieg
betroffene Kinder in Syrien sowie den Nachbarländern Jordanien, Libanon, Türkei und
Irak. Nach UN-Schätzungen sind mittlerweile insgesamt 1,2 Millionen Syrer auf der
Flucht, rund 600.000 davon Kinder und Jugendliche.