Die Ökumene steht im Mittelpunkt des am 30. August beginnenden Treffens des Ratzinger-Schülerkreises
in Castel Gandolfo. Teilnehmer bei dem Studienwochenende sind unter anderen der Ökumene-Beauftragte
des Vatikan, Kurienkardinal Kurt Koch, der Wiener Kardinal Christoph Schönborn, der
Hamburger Weihbischof Hans-Joachim Jaschke sowie der emeritierte evangelische Hamburger
Neutestamentler und Altbischof Ulrich Wilckens. Wilckens hat das Neue Testament übersetzt
und kommentiert; von großer ökumenischer Bedeutung sind außerdem seine Auslegungen
des Johannes-Evangeliums, des Römerbriefs sowie seine Theologie des Neuen Testaments.
Das Thema des Schülerkreis-Treffens 2012 lautet „Ökumenische Ergebnisse und
Fragen im Gespräch mit Luthertum und Anglikanismus“. Studiengrundlage ist dabei Kardinal
Walter Kaspers Buch „Die Früchte ernten - Grundlagen christlichen Glaubens im ökumenischen
Dialog“.
Die 1977 begonnenen regelmäßigen Treffen mit früheren akademischen
Schülern aus Regensburg gehören zu den wenigen festen Terminen, die der frühere Professor
Joseph Ratzinger auch als Papst nicht aufgegeben hat. Ende August schart Benedikt
XVI. an seinem Sommersitz Castel Gandolfo mehrere Dutzend Theologen um sich, die bei
ihm promoviert, sich habilitiert oder ihm als Assistenten zugearbeitet haben. Manche
von ihnen sind in der Seelsorge tätig, viele als Professoren oder Bischöfe.
Für
den 85-Jährigen, der auch nach seiner Papstwahl wissenschaftlich arbeitet und Bücher
schreibt, ist das Treffen mit dem Schülerkreis ein Wiedersehen mit langjährigen Freunden
und Wegbegleitern. Aber es ist auch eine kurze Rückkehr in alte Zeiten, wo er im akademischen
Milieu disputiert, wissenschaftlich Themen erörtert, auf Fragen antwortet und Fragen
stellt.
Die Treffen finden stets hinter verschlossenen Türen statt. In den
vergangenen Jahren ging es etwa um Darwin und die Evolution, um den Islam, um das
Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) oder um die Neuevangelisierung. Diesmal steht
die Bilanz der Ökumene 50 Jahre seit dem Konzil auf der Tagesordnung - ein Thema,
das den einstigen Konzilsberater ganz besonders beschäftigt.
Im Rahmen eines
früheren Treffens sagte Weihbischof Jaschke, Benedikt XVI. habe sich auch nach Jahren
auf dem Stuhl Petri kaum verändert. „Er ist immer Joseph Ratzinger geblieben, so wie
wir ihn kennen: freundlich und aufmerksam.“ Der Papst bleibe „ein Mann der Wissenschaft
mit einem hohen Aufnahmevermögen“ und „bestens informiert“. Nach seinem Eindruck genieße
es Benedikt XVI., bei diesen Zusammenkünften wieder einmal Professor sein zu können.
Die Zusammenfassungen und Einschätzungen des Papstes seien „genial“.