Benedikt XVI. erwartet
im Libanon ein großer Reichtum ostkirchlicher Traditionen, und diese Vielfalt wird
auch in den liturgischen Feiern mit dem Papst spürbar sein. Der Papst besucht den
Libanon ab dem 15. September, auf dem Programm stehen unter anderem Treffen mit Politikern
und Religionsvertretern sowie eine große Messe in Beirut. Im Interview mit Radio Vatikan
verrät der Koordinator der Papstreise auf libanesischer Seite, Pater Marwan Tabet,
weitere Details zum Programm der Papstreise. Außerdem geht er auf den christlich-muslimischen
Dialog im Libanon ein.
„Die Reise ist zu 80 Prozent vorbereitet. Alles wird
perfekt sein. Bei der Messe in Beirut werden wir sieben Chöre auf dem Altar haben,
die alle jeweils in ihrem eigenen Ritus singen. Wir haben entschieden, dass diese
Chöre dann zusammen alle Lieder der jeweils anderen Traditionen gemeinsam singen.
Ein Chor besteht aus Maroniten, Melkiten und armenischen und syrischen Katholiken,
die alle gemeinsam singen werden, das sind fast 300 Leute. Das Evangelium aus dem
maronitischen Messbuch wird so im byzantinischen Ritus gesungen werden, das Hallelujah
wird nach armenischem Ritus vorgetragen und so fort.“
Dialog
mit dem Islam? Mehr Einheit der christlichen Traditionen in der Region
und mehr Dialog mit anderen Religionen, vor allem mit dem Islam, waren zwei Schlüsselthemen
der Nahostsynode im Vatikan von 2010. Wenn ein Chor aus Maroniten, Melkiten, armenischen
und syrischen Katholiken gemeinsam für den Papst singt, ist das zumindest schon einmal
eine symbolische Geste der Einheit unter den im Libanon vertretenen Ostkirchen. Doch
wie sieht es mit dem Verhältnis zu den Muslimen aus, die neben den Christen den größten
Bevölkerungsanteil ausmachen?
„Die libanesische Regierung hat auf nationaler
Ebene ein islamisch-christliches Dialog-Komitee eingerichtet. Das ist ein Fortschritt.
Negativ ist, dass die Initiativen dieses von Christen und Muslimen auf Regierungsebene
anerkannten Komitees in anderen Bereichen untergraben werden… Wenn es bei politischen
Fragen zu Zusammenstößen zwischen Christen und Muslimen kommt, trifft sich das Komitee;
wir bemerken also Anstrengungen, dies Arbeit fortzusetzen in die Richtung eines christlich-muslimischen
Dialoges.“
Angesichts der immer wieder aufbrechenden Spannungen in der
Region – jetzt verschärft durch den Syrien-Konflikt – stellt sich die Frage nach der
Zukunft der Christen in Nahost. Ohne einzelne Länder namentlich zu nennen, merkt auch
Pater Tabet an:
„Es gibt internationale Kräfte oder Lobby-Gruppen, die wirklich
daran arbeiten, Christen zu vertreiben oder sie auf eine nicht nennenswerte Gruppe
zu reduzieren.“
Der Papstbesuch mache den Christen in der Region vor diesem
Hintergrund Mut und versichere ihnen der Nähe des Heiligen Stuhles und des Westens:
Ein Naher Osten ohne Christen könne schließlich kein „richtiger Naher Osten“ sein,
so Tabet mit Blick auf die 2.000-jährige Tradition des Christentums dort. Mit der
„westlichen Brille“ könne man den Nahen Osten allerdings nicht verstehen, fügt er
dann an:
„Politik in diesem Teil der Welt funktioniert nicht wie im Westen.
Das Modell des Westens in Sachen Demokratie, Toleranz, Akzeptanz des anderen, Redefreiheit
und Menschenrechte ist nicht in der gleichen Art und Weise anwendbar. Ein richtiges
Verständnis, wie Religion diese Werte beeinflusst und wie diese Werte durch religiöse
Themen gezeichnet sind, ist also sehr wichtig. Menschen im Nahen Osten sehen diese
Werte anders als die Menschen im Westen. Ich appelliere also an den Westen, die Situation
hier wirklich zu verstehen.“
Mit Blick auf die Papstreise hat Anfang August
im Nahen Osten ein konfessionsübergreifender Gebetsmarathon begonnen: Von Bkerke über
Gaza bis Bagdad sprechen Maroniten, Melkiten, Chaldäer, syrisch-katholische und armenische
Gläubige in verschiedenen Ländern die gleichen Gebete, um sich geistig auf Benedikts
Besuch vorzubereiten. Vor allem unten den jungen Gläubigen seien die Erwartungen groß,
so Tabet, für sie sei der Papstbesuch so etwas wie ein Blick in die eigene Zukunft.
Für das große Jugendtreffen mit dem Papst im libanesischen Bkerke bei Beirut werden
laut Angaben des Koordinators der Papstreise über 20.000 junge Leute erwartet.