Wenn Mitt Romney im
Herbst den Kampf ums Weiße Haus gewinnt, dann zieht auch ein Katholik mit ein: Paul
Ryan, der voraussichtliche republikanische Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten.
Ferdinand Oertel, unser Experte für die Kirche in den USA, sieht zwei Gründe dafür,
dass Romney jetzt die katholische Karte zückt. Zum einen laufe der Wahlkampf des voraussichtlichen
republikanischen Spitzenkandidaten für das Präsidentenamt im Moment nicht so richtig
rund, da sei ein Knalleffekt nötig gewesen. Zum anderen schreibe eine US-Zeitschrift
zu Recht:
„Mit der Berufung Ryans zielt er (Romney) auf die katholischen
Stimmen, aber auch auf die Evangelikalen, denn die sind etwas skeptisch gegen ihn
als Mormonen. Die Katholiken hingegen sind gespalten; auf die Konservativen dürfte
Ryan besonders abzielen, weil er zu ihnen auch gerechnet wird.“
Kein Zufall
ist es für Oertel, dass sich Ryan beim ersten Mal an Romneys Seite von seiner Familie
umgeben präsentierte. Nach allem, was man wisse, sei der republikanische Nachwuchsstar
mit Tea-Party-Ausstrahlung ein überzeugter Katholik.
„In seiner Heimat-Bistumszeitung
hat der Generalvikar festgestellt, Ryans Glaube beeinflusse auch ganz sein politisches
Leben. „Er glaubt, dass die Rechte des Menschen von Gott kommen und dass sie sich
auf Gottes Rechte der Menschenwürde und das Naturrecht verlassen sollen.“ Der 42-jährige
Ryan, der verheiratet ist und drei Kinder hat, ist auch in seiner Pfarrei sehr aktiv
– und sogar Obama hat ihn als Familienmenschen gelobt! Aber eben nicht für seine politische
Haltung.“
Die katholischen US-Bischöfe haben sich ausgerechnet im Wahljahr
gegen US-Präsident Obamas Lieblingsprojekt positioniert: seine Gesundheitsreform.
Gelten ihre heimlichen Sympathien nun Paul Ryan? Oertel rät zum Differenzieren:
„Zunächst
ist es so, dass die Bischöfe die Gesundheitsreform grundsätzlich durchaus anerkennen;
sie sind eben nur gegen das Mandat zur kostenlosen Verteilung von Verhütungsmitteln.
Ryan will aber die Gesundheitsreform ganz abschaffen! Und er ist dafür bekannt, dass
er zweimal einen sehr strengen Haushaltsplan eingebracht hat unter der Überschrift
„Der Weg zum Wohlstand“: Und dafür hat er schon von den Bischöfen vor einem Jahr großen
Widerspruch bekommen...“
Immerhin hat Oertel den Eindruck, „dass die religiöse
Frage diesmal nicht eine so entscheidende Rolle spielen wird“. Der Wahlkampf konzentriere
sich vor allem auf innenpolitische Probleme (wie Arbeitslosigkeit, Wohnungsfragen
oder Gesundheitsabsicherungen) und auf die innere Sicherheit.
„Die Katholiken
haben bei den letzten Wahlen mehrheitlich immer auf der Seite des Gewinners gestanden
– aber auch das ist diesmal fraglich, und zwar, weil die Katholiken ziemlich gespalten
sind. Zur konservativen Seite, die auch Ryan unterstützen würde, zählt man höchstens
ein Drittel der Katholiken; die Mehrheit von 70 Prozent der US-Katholiken steht etwas
abseits... Experten sagen darum voraus, dass der Wahlausgang sehr knapp sein wird.“
Romney
könnte „eine Chance haben“, wenn der Katholik Ryan es schaffen sollte, viele katholische
Stimmen im Mittleren Westen auf sich zu ziehen, so Oertel. „Vor allem im Bible Belt,
der noch sehr konservativ ist.“ Doch wer auch immer die Wahl zum nächsten Präsidenten
gewinne: Die Bischöfe werden es aus der Sicht des Experten sowohl mit einem Präsidenten
Romney wie mit einem Präsidenten Obama schwer haben.
„Es gibt übrigens zwei
neue Umfragen, die sagen, dass 54 Prozent der so genannten Sonntagschristen, die also
regelmäßig sonntags in die Kirche gehen, eher für Romney stimmen – während die weniger
und nicht Religiösen sich mit 61 Prozent für Obama ausgesprochen haben. Im „Sunday
Visitor“, der katholischen Wochenzeitung, wird vorausgesagt, die Kandidaten würden
nur knapp über 50 Prozent kommen und höchstens 53 Prozent erhalten – es werde also
ein sehr enges Rennen.“