2012-08-14 10:46:58

Syrien: Metropolit legt Friedensplan vor


Assads Macht bröckelt, und Modelle für das „Danach“ werden nun immer hörbarer. Einen umfassenden Friedensplan für Syrien hat jetzt der syrisch-orthodoxe Metropolit von Aleppo, Mar Gregorios Ibrahim, vorgelegt. Das berichtet die Stiftung „Pro Oriente“, in der Gregorios Ehrenmitglied ist. Die Lösung der Krise, die bisher mehr als 25.000 Opfer gefordert hat, müsse „von innen und von außen“ kommen, so der Metropolit.

„Motive der Protestbewegung ernst nehmen“
Jede Lösung könne nur dann dauerhaft sein, wenn sie die Motive der Protestbewegung ernst nehme und die Rolle des Rechts betone, um Sicherheit und Stabilität wiederherzustellen, so der Metropolit bei einer interreligiösen Friedenskonferenz in Japan. Nach wie vor gehe es darum, einen dauerhaften Waffenstillstand zu erzielen und den Alltag der Syrer in die Normalität zurückzuholen, die dringend notwendige humanitäre Hilfe in allen Landesteilen zu sichern und allen Bürgern, die vertrieben wurden, die Rückkehr in ihre Heimatorte zu ermöglichen. Der Metropolit plädiert für einen „Runden Tisch“ aller Gruppen, die an den blutigen Auseinandersetzungen in Syrien beteiligt sind, „einschließlich der Oppositionsgruppen im In- und Ausland“. Das Ergebnis des „Runden Tisches“ müsse die Etablierung eines „Nationalrates“ in Syrien sein, dessen zentraler Auftrag es sei, „Vertrauen und Respekt“ unter allen Bürgern wiederherzustellen. Insbesondere gehe es dabei um die Festlegung von Grundprinzipien einer neuen Verfassung, die allen Bürgern gleiche Rechte sichert, um die Entwicklung eines Programms für die künftige Innen- und Außenpolitik Syriens, um die Überwindung der Spaltungen in der Armee und um die Ausarbeitung eines „Verhaltenskodex“ für die Sicherheits- und Geheimdienste zur „Verhinderung der Fehler der Vergangenheit“.
Für eine „moderne Verfassung“
Ein solcher „Nationalrat“ habe die Aufgabe, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, in der alle Gruppierungen vertreten sein sollten. Die wichtigsten Aufgaben dieser Regierung seien die Abhaltung von „freien und fairen Wahlen“ für ein neues Parlament sowie die Einsetzung einer Kommission zur Entwicklung einer „modernen Verfassung“. Diese Verfassung solle sich nicht an den in der Vergangenheit in den meisten arabischen Staaten üblichen Hegemonialprinzipien orientieren. Weitere Aufgaben der Regierung wären nach Vorstellung des Metropoliten die Erarbeitung eines neuen Parteiengesetzes, das die Beteiligung der Parteien am „politischen Leben eines neuen Syrien“ regelt, und die Vorbereitung der Wahl eines Präsidenten, der „imstande ist, die Interessen Syriens aufrecht zu erhalten und einen sicheren, stabilen, friedlichen und demokratischen Staat aufzubauen“.
„Menschen wollen mehr soziale Gerechtigkeit“
Entschieden wendet sich der Metropolit von Aleppo gegen alle Kräfte, die einen konfessionellen Bürgerkrieg wollen, aber auch gegen UNO-Sanktionen, „die das Volk mehr treffen als das Regime“, gegen eine militärische Intervention auf Grund eines Beschlusses des UNO-Sicherheitsrates und gegen alle Tendenzen zur Aufspaltung Syriens nach religiösen, ethnischen, kulturellen oder sprachlichen Kriterien. Die große Mehrheit der Menschen in Syrien wolle einen einzigen Staat als Heimat für alle. Zudem wünschten sich die Menschen die Ausdehnung der Freiheitsräume und die Sicherung des religiösen und kulturellen Pluralismus. Wörtlich betonte Mar Gregorios: „Sie wünschen sich eine Aufwertung der Religionsfreiheit, sie möchten mehr Würde und die Verankerung des Konzepts der Bürgerschaft. Sie verlangen mehr soziale Gerechtigkeit, die Herrschaft des Gesetzes, die Entwicklung einer Zivilgesellschaft, Einheit und Koexistenz“. Die Mehrheit wolle zusammenarbeiten und stehe gegen jene Kräfte, „die Chaos und Anarchie propagieren“, um das Konzept der nationalen Einheit zu zerstören.
Chaos kommt auch von Korruption
Dass Syrien, ein Land mit einer so reichen Geschichte und Kultur, geprägt von „gesunder Pluralität und beispielhaftem Zusammenleben“, heute ein solches Chaos ertragen müsse, führt der Metropolit auf die „langanhaltenden und inakzeptablen Untaten“ einiger syrischer Verantwortlicher seit den 1980er Jahren zurück. Nach und nach seien viele Bereiche des Staates von Korruption vergiftet worden. „Willkürliche Entscheidungen einiger Sicherheitsdienste“ hätten dann den Zündfunken gebildet. Die Syrer seien - angesichts der Auswirkungen des „Arabischen Frühlings“ - nicht mehr bereit gewesen, eine „neue Welle der Repression“ zu akzeptieren. Die Demonstrationen seien letztlich von der Überzeugung ausgelöst worden, dass es mit den Ideen des „Arabischen Frühlings“ möglich sei, die Korruption, das Hauptübel der syrischen Gesellschaft, zu überwinden.

(kap 14.08.2012 pr)








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