2012-08-12 13:08:43

Jesuiten-Oberer: Ein Ki für Gefahr, ein Ki für Chance


RealAudioMP3 Es hat Seltenheitswert, dass der Generalobere der Jesuiten einmal ein Interview gibt. Jetzt hat sich Adolfo Nicolás SJ im Gespräch mit Radio Vatikan zum Thema Finanz- und Wirtschaftskrise geäußert. Und dabei einen „Rettungsschirm“ besonderer Art vorgeschlagen: die Familien nämlich. Sie zeigten der größeren Familie, nämlich der Menschheitsfamilie, einen Ausweg aus der Krise.

„Man kann schon sagen, dass die Familie dafür eine gewisse Basis sein kann. Und mir scheint da auch der Vergleich zwischen Familie und Menschheit wichtig. In der Familie zuhause lernt man, sich selbst weniger wichtig zu nehmen. Es ist keine einseitige Beziehung, die man da einübt, sondern eine, die auf Interaktion und auf Gegenseitigkeit beruht: Man darf nicht egoistisch sein. Und ich glaube, dass wir das auch in der Menschheitsfamilie jetzt immer stärker lernen.“

Wie Papst Benedikt in seiner berühmten Rede im Deutschen Bundestag 2011 sieht auch Nicolás das gesteigerte Interesse am Schutz der Umwelt als einen Beleg dafür, dass der Menschheit ihre geteilte Verantwortung immer klarer wird.

„Wir sehen doch immer deutlicher, wie wichtig die Ökologie für die Familie der Menschheit ist. Es ist nicht nur die Natur, wie Luft oder Wasser, die Schaden nimmt; es sind nicht nur andere Lebewesen wie die Gorillas, denen wir schaden. Es sind immer alle betroffen – und als Menschheitsfamilie lernen wir dadurch auch, was wir uns als Menschheit selbst bedeuten. Zu Zeiten des heiligen Ignatius ging man wie heute durch einen enormen historischen Wandel, einen kulturellen wie gesellschaftlichen Wandel. Man musste die alten Gewißheiten fahrenlassen – z.B. dass man immer vom kleinen, begrenzten Europa ausging. Aber heutzutage ist Europa so klein, und wir wissen jetzt, dass Asien unglaublich reiche Kulturen besitzt... und wir sind eigentlich gerade erst dabei, den Reichtum, die Tiefe und die Werte der Menschen in Afrika zu entdecken. Diese Blickerweiterung kann uns Hoffnung geben: Wir können daraus neuen Elan, neue Perspektiven, einen neuen Horizont erschließen.“

Die Krise ist für den „Schwarzen Papst“, wie er manchmal in den Medien genannt wird, also vor allem eine Gelegenheit, sich aufs Menschliche zurückzubesinnen und die Perspektive zu ändern.

„Die Krise ist eine neue Möglichkeit. Auf Chinesisch, Japanisch und auch auf Koreanisch heißt Krise „Kiki“: Das erste „Ki“ steht darin für Gefahr, das zweite hingegen bedeutet „Chance“. In diesen Traditionen ist es also ganz klar, dass wir durch eine Krise wachsen, wie ein Mensch auch wächst. Ich selbst denke von mir, dass ich in meinem Leben gerade aus den schwierigsten Situationen heraus immer am meisten gewachsen bin. Wenn stetig alles glatt verläuft (wie wir vor 30 Jahren noch dachten, dass es das würde), dann wächst man wenig. Aber jetzt, wo die Dinge kompliziert sind, haben wir die Möglichkeit, das Allermenschlichste zu vertiefen, und was das Ehrlichste ist, das in jedem von uns steckt.“

(rv 08.08.2012 sk)








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