2012-08-11 13:43:56

Unser Buchtipp der Woche


RealAudioMP3 Autoren: Gerhard Lohfink, Ludwig Weimer
Titel: Maria – nicht ohne Israel. Eine neue Sicht der Lehre von der Unbefleckten Empfängnis
Verlag: Herder, Freiburg
Preis: ca. 30 Euro

Rezensiert von: Stefan v. Kempis, Radio Vatikan, am 11.08.2012

In ein paar Tagen feiern wir Mariä Himmelfahrt – da lohnt ein Blick in ein Marienbuch der überraschenderen Art. „Maria, nicht ohne Israel“ heißt es, was wohl nicht zufällig an den Bestseller-Titel „Nicht ohne meine Tochter“ erinnert. Die Autoren, zwei ausgewiesene Theologen von der „Katholischen Integrierten Gemeinde“, sehen in Maria keineswegs „eine heimliche Göttin“ oder gar „ein Gegengewicht gegen einen angeblich fernen ... Gott“; stattdessen steht sie ihnen „für die Herkunft des Christentums aus Israel“. Und das ist ein theologischer Geniestreich: Ausgerechnet aus dem vor über 150 Jahren proklamierten Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariens (das, wie die Autoren betonen, keineswegs etwas mit der Zeugung Jesu zu tun hat, sondern das Bewahrtwerden Mariens von der Erbsünde meint) lesen die Autoren eine „Mit-Aussage über die Würde des Judentums“ heraus.

„In Zukunft“, so schreiben sie, „darf es keine Marienfrömmigkeit mehr geben, die nicht Israel mit in den Blick nimmt. Gerade am Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Marias lässt sich das begründen. Denn dieses Dogma scheint uns ein Dogma auch über Israel zu sein, über Israel, das die ganze Wahrheit über Gott und seinen Plan mit der Welt finden durfte. Dieser tiefere Sinn des Dogmas würde aufleuchten, wenn sich zeigen ließe, dass Maria das Realsymbol für die alttestamentliche Vorgeschichte Jesu ist – für eine Geschichte der Erwählung...“ Die „Basis der kirchlichen Aussagen über Maria“, das sei „die erregende, in der Welt einmalige Geschichte Israels“. Und die Kirche hat Jahrzehnte vor der Shoah, „ohne es selbst schon in seiner ganzen Tragweite sehen zu können“, im Dogma von der Unbefleckten Empfängnis „die unverlierbare Würde Israels mitausgesagt.“

Um das zu belegen, rollen Lohfink und Weimer das ganze Alte Testament neu auf, was zu interessanten Erkenntnissen führt. Dann schildern sie Maria, die „Tochter Zion“, als „Figuration“ für Israel: Wenn sie im „Magnificat“ u.a. Abraham besingt, dann „repräsentiert sie wie Abraham das Gottesvolk“: In ihr hat Gott Israel „endgültig angenommen“, und darum fasst Maria „die gesamte Geschichte Israels bis zu diesem Zeitpunkt in sich zusammen“, sie spricht von ihrer eigenen Geschichte, „indem sie von der Geschichte Israels spricht“. Und wenn nun Maria tatsächlich „Inbild des wahren Israel“ sei, dann – so schließen Lohfink und Weimer – „ist auch Israel die Mutter der Kirche“ und „die Mutter aller Christen“. Alle Mariendogmen führten „über Jesus Christus zurück zu der Wurzel Israel“, und Maria sei „das Realsymbol für die Einheit von Synagoge und Kirche“.

Ein reiches, überraschendes Buch, in dem die Argumentation immer behutsam bleibt und den Leser nie übertölpelt. Ein Buch, das reiche Aufschlüsse über die Kirche, ihr Verhältnis zum Judentum und die Heilige Schrift bietet.








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