Die Verantwortung
für Obdachlose darf nicht nur auf den Staat abgewälzt werden. Das sagt der bekannte
Cellist Thomas Beckmann, der sich seit 1993 mit seinem Verein „Gemeinsam gegen Kälte“
für die Ärmsten der Gesellschaft engagiert. Er tut dies mithilfe seiner großen Leidenschaft,
der Musik. Der Lieblingsschüler von Jahrhundertcellist Pierre Fournier füllt die wichtigsten
Konzertsäle, und ein Großteil der Einnahmen geht direkt an die Hilfsorganisationen
in den Städten, in denen er auftritt. Nach der Katastrophe von Fukushima wurde eilends
eine Konzertreihe organisiert, die unbürokratisch und rasch etwa 60.000 Euro für die
Opfer des Atomunfalls bereitstellen konnte. Nun ist dem Cellisten eine besondere Ehre
zuteil geworden: Er wird an diesem Samstag gemeinsam mit seiner Frau, der japanischen
Pianistin Kayoko und dem Regensburger Vokalensemble Cantico vor dem Papst und seinem
Bruder in Castel Gandolfo auftreten. Thomas Beckmann ist über diese Gelegenheit sehr
froh:
„Das Konzert ist nicht nur ein Gruß aus der Heimat für den Papst
und ein musikalisches Ereignis, sondern es hat in unseren Augen eine große Symbolkraft.
Wir freuen uns sehr, dass der Papst dem Grundgedanken, mit dem wir diese Benefizkonzerte
begehen, der Hilfe für Arme und obdachlose Menschen, hiermit nochmals eine größere
Bühne verschafft. Unser Verein ist bundesweit und in Japan tätig, und ein Konzert
für den Papst ist besonders international. Von daher stößt das Konzert neue Türen
auf und ist nicht nur ein musikalisches Ereignis, sondern ein Ereignis mit symbolischem
Wert.“
Die enge Verbindung mit dem Regensburger Caritasverband und den
ehemaligen Domspatzen, die mittlerweile im Chor Cantico singen, hat mit der Hilfe
des Papstbruders Georg Ratzinger die Türen für dieses besondere Konzert geöffnet.
Auslöser für die Gründung seines Vereins war für den gläubigen Katholiken Beckmann
der Erfrierungstod zweier obdachloser Frauen in der Düsseldorfer Altstadt, wo er selbst
mit seiner Frau wohnt. Allerdings habe er, so Beckmann, bereits vor 50 Jahren als
Kind mit der Antwort „Um die Armen kümmert sich der Staat“ nur wenig anfangen können:
„Die Problematik stellt sich heute wie vor 50 Jahren, die Leute sitzen
immer noch da und der Staat kümmert sich drum. Aber dass da zwei Frauen erfroren sind,
was ja offensichtlich war, hat niemand realisiert, es wurde noch nicht einmal ein
Krankenwagen gerufen. 1993 war Gemeinsam gegen Kälte die erste private Hilfsorganisation
für diese Menschen, das war also nicht der Staat. Und es ging mir darum, die Öffentlichkeit
zu sensibilisieren.“
Die Obdachlosigkeit sei, so Beckmann, ein besonders
schwieriges Thema, denn viele Leute würden sich durch den Anblick eines Obdachlosen
unbehaglich daran erinnert sehen, dass ein kurzer Moment des Strauchelns auch sie
selbst in eine ähnliche Lage bringen könne. Das werde dann durch Schuldzuweisungen
kompensiert. Es ist seit Langem der erste große gemeinsame Auftritt Beckmanns mit
seiner Frau, die durch eine schwere Krankheit viele Jahre nicht am Flügel sitzen konnte.
Kurz vor Zusage des Konzertes fühlte sie aber eine deutliche Verbesserung ihres Zustandes,
so dass der gemeinsame Termin ein doppeltes Geschenk für das musikalische Paar war.
Auch sie will mit ihrer Musik anderen Menschen Hoffnung bringen und sie zum Weitermachen
unter schwierigen Umständen anregen. Mit Blick auf ihre Heimat hat sie ein besonderes
Anliegen:
„Seit dem letzten 11.3. denken wir Japaner am 11. jeden Monats
an das große Erdbeben und die Atomkatastrophe. Und mir ist immer zugesprochen worden,
dass der Papst mit uns sei. Die Atomkraft weiter zu führen, sei kein menschlicher
Gedanke. Alle Japaner – außer vielleicht die Behörden - wollen aus der Atomkraft aussteigen.
Am 11. ist also wieder Gedenktag, und ich freue mich, gerade an diesem Tag das Konzert
spielen zu können.“
Das Programm des Konzertes wurde sorgfältig ausgewählt.
Das Vokalensamble Cantico, das bald sein 20. Jubiläum feiert, wird Lieblingsstücke
des Papstes aufführen, während das Ehepaar Beckmann sich auf Werke für Klavier und
Cello konzentriert:
„Wir spielen Beethoven Sonate A-Dur, Opus 69. Das ist
ein bukolisches, heiteres, melodienfreudiges Werk, und zählt zu den schönsten Werken
von Beethoven für Violincello und Klavier. Wir meinen, es ist das Schönste. Davon
spielen wir den ersten Satz und dann die Elegie von Gabriel Fauré. Das ist ein zentrales
Werk für Cello und Klavier, weil es den Charakter des Lyrischen und Dramatischen,
der dem Cello so besonders zu Eigen ist, in besonders schöner Weise miteinander vermischt
und das mit den schönsten Harmonien am Klavier in Vorahnung auf die impressionistischen
Harmonien Debussys und Ravels.“
Außerdem, als Hommage an das italienische
Publikum, werde die „Nina“ von Pergolesi gespielt, wobei der Klavierpart von Kayoko
selbst für diese Gelegenheit spziell aufbereitet worden ist. Die Regensburger Delegation
wird angeführt von Diözesan-Caritasdirektor Roland Batz.