In der vergangenen
Woche hat Ägyptens neuer Präsident Mohammed Mursi seine Regierung bekannt gegeben.
Mit der Koptin Nadia Eskandar Zukhari ist lediglich eine einzige Christin zur Ministerin
ernannt worden, im Gegensatz zur letzten Regierung, in der zwei Christen präsent waren.
Und dies, obwohl in der neuen Regierung die Zahl der Ministerien von 31 auf 35 kletterte.
Metropolit Pachomios von Beheira, der nach dem Tod von Kopten-Papst Schenouda III.
vorübergehend an der Spitze der Kirche steht, nannte die Auswahl der Minister am Wochenende
in einem Zeitungsinterview „unfair“. Entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil müssten
vier koptische Christen dem neuen Kabinett angehören, forderte er gegenüber der Zeitung
„Al-Shorouq“. Wir haben Kyrillos William, Administrator des Patriachats von Alexandrien
und Bischof von Assiut, gefragt, was er von dieser Regierungsbildung halte.
„Ich
kritisiere die Regierung nicht, weil sie wenige Christen hat, sondern weil dort viele
Leute nicht genug Fähigkeiten besitzen. Als der Präsident die Minister ausgesucht
hat, hat das sehr lange gedauert und es war auch scheinbar nicht so einfach, fähige
Leute zu finden. Viele wollten nicht und viele haben sich entschuldigt. Das waren
alles fähige Leute. Er hat einfach einfach viele Leute ausgewählt, die den Aufgaben,
die diese Arbeit an sie stellt, nicht gewachsen sind. In einigen Bereichen gibt es
sicherlich viele Leute, die einfach besser sind.“
Man wisse nicht genau,
nach welchen Kriterien der Präsident seine Mitarbeiter ausgesucht habe. Allerdings
sei die Gruppe der Minister nicht homogen, so dass viele vermuteten, dass die Zusammenarbeit
nicht einfach werde. Die großen Probleme könnten also möglicherweise nicht adäquat
angegangen werden, so der Bischof. Auch die Frage, warum nicht gezielter Christen
angegangen worden sein, die ja oftmals einen gebildeten Teil der Bevölkerung stellten,
sei nicht leicht zu beantworten:
„Wir kennen die Gründe nicht genau, aber
viele vermuten, dass der Einfluss und auch der Druck der Islamisten groß ist. Ein
anderer Minister hatte das Angebot abgelehnt - der Mann, der früher schon Tourismusminister
war. Man fragt sich also wirklich, warum die fähigen Minister von früher jetzt nicht
mehr bei der neuen Regierung bleiben wollen, wie der für Tourismus. Das ist ein weiteres
Fragezeichen.“
Eine Vermutung sei, dass Ministerpräsident Hischam Kandil,
der von Mursi ernannt worden sei, nicht die Statur habe, um eine Teilnahme an der
Regierung attraktiv scheinen zu lassen:
„Er war Minister in der alten Regierung
und hat sich nicht gerade rühmlich hervorgetan. Er war wohl nicht profiliert genug,
um zum Ministerpräsidenten ernannt zu werden, aber wahrscheinlich hat der Präsident
keinen anderen gefunden.“
Die Stimmen mehren sich, die von einer Verschärfung
der Situation für die Christen im Land sprechen. Bischof Kyrillos will sich dazu allerdings
noch nicht eindeutig festlegen:
„Eigentlich ist bisher noch nichts klar.
Er [Mursi, ndr] hat vorher viel versprochen, hat aber bisher nichts getan. Er hat
versprochen, dass er Präsident aller Ägypter, Muslime und Christen, sein wolle. Aber
viele sehen, dass er nicht für die Interessen wirklich aller Ägypter arbeitet. Noch
nicht einmal für alle Muslime, die ja eigentlich seine eigene Truppe sind. Er hat
damals einmal gesagt, dass er, wenn er einmal gewählt würde, nicht mehr zur Muslimbruderschaft
gehören und liberal sein würde, aber seine Taten zeigen das Gegenteil. Er wurde viel
dafür kritisiert, dass er sich so viel um die Palästinenser gekümmert und die inneren
Probleme Ägyptens vernachlässigt habe.“
Am kommenden 24. August werde,
so Kyrillos, über Social Media und Netzwerke eine große Demonstration gegen die neue
Regierung organisiert. Wie es scheine, seien dort Demonstranten aus allen Lagern zu
erwarten, so dass man den Ereignissen mit Spannung, aber auch Sorge entgegen sehe.