2012-08-10 12:51:42

Ägypten: „Keine fähigen Leute in der Regierung“


RealAudioMP3 In der vergangenen Woche hat Ägyptens neuer Präsident Mohammed Mursi seine Regierung bekannt gegeben. Mit der Koptin Nadia Eskandar Zukhari ist lediglich eine einzige Christin zur Ministerin ernannt worden, im Gegensatz zur letzten Regierung, in der zwei Christen präsent waren. Und dies, obwohl in der neuen Regierung die Zahl der Ministerien von 31 auf 35 kletterte. Metropolit Pachomios von Beheira, der nach dem Tod von Kopten-Papst Schenouda III. vorübergehend an der Spitze der Kirche steht, nannte die Auswahl der Minister am Wochenende in einem Zeitungsinterview „unfair“. Entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil müssten vier koptische Christen dem neuen Kabinett angehören, forderte er gegenüber der Zeitung „Al-Shorouq“. Wir haben Kyrillos William, Administrator des Patriachats von Alexandrien und Bischof von Assiut, gefragt, was er von dieser Regierungsbildung halte.

„Ich kritisiere die Regierung nicht, weil sie wenige Christen hat, sondern weil dort viele Leute nicht genug Fähigkeiten besitzen. Als der Präsident die Minister ausgesucht hat, hat das sehr lange gedauert und es war auch scheinbar nicht so einfach, fähige Leute zu finden. Viele wollten nicht und viele haben sich entschuldigt. Das waren alles fähige Leute. Er hat einfach einfach viele Leute ausgewählt, die den Aufgaben, die diese Arbeit an sie stellt, nicht gewachsen sind. In einigen Bereichen gibt es sicherlich viele Leute, die einfach besser sind.“

Man wisse nicht genau, nach welchen Kriterien der Präsident seine Mitarbeiter ausgesucht habe. Allerdings sei die Gruppe der Minister nicht homogen, so dass viele vermuteten, dass die Zusammenarbeit nicht einfach werde. Die großen Probleme könnten also möglicherweise nicht adäquat angegangen werden, so der Bischof. Auch die Frage, warum nicht gezielter Christen angegangen worden sein, die ja oftmals einen gebildeten Teil der Bevölkerung stellten, sei nicht leicht zu beantworten:

„Wir kennen die Gründe nicht genau, aber viele vermuten, dass der Einfluss und auch der Druck der Islamisten groß ist. Ein anderer Minister hatte das Angebot abgelehnt - der Mann, der früher schon Tourismusminister war. Man fragt sich also wirklich, warum die fähigen Minister von früher jetzt nicht mehr bei der neuen Regierung bleiben wollen, wie der für Tourismus. Das ist ein weiteres Fragezeichen.“

Eine Vermutung sei, dass Ministerpräsident Hischam Kandil, der von Mursi ernannt worden sei, nicht die Statur habe, um eine Teilnahme an der Regierung attraktiv scheinen zu lassen:

„Er war Minister in der alten Regierung und hat sich nicht gerade rühmlich hervorgetan. Er war wohl nicht profiliert genug, um zum Ministerpräsidenten ernannt zu werden, aber wahrscheinlich hat der Präsident keinen anderen gefunden.“

Die Stimmen mehren sich, die von einer Verschärfung der Situation für die Christen im Land sprechen. Bischof Kyrillos will sich dazu allerdings noch nicht eindeutig festlegen:

„Eigentlich ist bisher noch nichts klar. Er [Mursi, ndr] hat vorher viel versprochen, hat aber bisher nichts getan. Er hat versprochen, dass er Präsident aller Ägypter, Muslime und Christen, sein wolle. Aber viele sehen, dass er nicht für die Interessen wirklich aller Ägypter arbeitet. Noch nicht einmal für alle Muslime, die ja eigentlich seine eigene Truppe sind. Er hat damals einmal gesagt, dass er, wenn er einmal gewählt würde, nicht mehr zur Muslimbruderschaft gehören und liberal sein würde, aber seine Taten zeigen das Gegenteil. Er wurde viel dafür kritisiert, dass er sich so viel um die Palästinenser gekümmert und die inneren Probleme Ägyptens vernachlässigt habe.“

Am kommenden 24. August werde, so Kyrillos, über Social Media und Netzwerke eine große Demonstration gegen die neue Regierung organisiert. Wie es scheine, seien dort Demonstranten aus allen Lagern zu erwarten, so dass man den Ereignissen mit Spannung, aber auch Sorge entgegen sehe.

(rv 10.08.2012 cs/db)







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