Bis zu 400 Millionen
Menschen zählen weltweit zu den indigenen Völkern, dennoch sind ihre Rechte oft denen
der Landbesetzer untergeordnet, die auf den Indianergebieten Staudämme bauen, Wälder
abholzen und Autobahnen durch den Dschungel ziehen wollen. Um an das Schicksal dieser
Menschen zu erinnern, haben die Vereinten Nationen im Jahr 1994 den Tag der indigenen
Völker ausgerufen, der seitdem am 9. August begangen wird. Bischof Erwin Kräutler
wirkt seit über 30 Jahren in der mit 350.000 km² flächenmäßig größten brasilianischen
Territorialprälatur Xingu und hat sich den Kampf für die Rechte der einheimischen
Bevölkerungsgruppen auf die Fahnen geschrieben. Für seinen Einsatz wurde er 2010 mit
dem Right Livelihood Award geehrt, der auch als „Alternativer Nobelpreis“ bekannt
ist. Der Tag der indigenen Völker sei, so Kräutler, eine sehr wichtige Einrichtung,
um auf die Situation der Ureinwohner aufmerksam zu machen:
„Der Tag der
indigenen Völker ist ein Tag, der alle Völker der Welt etwas angehen sollte. In verschiedenen
Kontinenten gibt es noch die sogenannten Aborigines, die Ureinwohner, die ihre eigene
Art und Weise zu leben und ihre eigene Kultur haben. Sie sollten in ihren kulturellen
Ausdrucksformen, ihrer Art, wie sie leben, aber auch in ihrem angestammten Gebiet
respektiert werden. Das ist nicht nur Aufgabe des einzelnen Nationalstaates, sondern
der ganzen Welt, und deshalb hat die UNO dazu etwas zu sagen.“
In Brasilien
ist eines der größten Projekte, das die Ureinwohner in ihrem Lebensraum empfindlich
betreffen wird, das Projekt des Belo Monte Staudamms. Bei seiner Realisierung – er
ist momentan noch im Bau – wird er die Umsiedlung von etwa 20.000 Menschen notwendig
machen.
„Belo Monte wird durchgeführt nach der Strategie der vollendeten
Tatsachen, und die indigenen Völker sind direkt davon betroffen. Im Moment denkt man
an die Umleitung des Xingu. Aber für die indigenen Dörfer, die an der großen Schleife
des Xingu liegen, sind bis heute noch keine Möglichkeiten dafür geschaffen worden,
dass sie bei Krankheitsfällen oder anderen Problemen in die Stadt kommen können. Sie
werden also buchstäblich ausgegrenzt und abgeschlossen.“
Dabei sei eine
gewaltsame Umsiedlung von Ureinwohnern fast noch als das kleinere Problem zu betrachten,
wenn man den Genozid indigener Bevölkerungsgruppen in Betracht zieht: Insbesondere
in Mato Grosso do Sul, einem zentralsüdlichen Staat Brasiliens, geschehe dies mit
den Kayowá Guarani, so der Bischof vom Xingu.
„Diese Leute sind in einem
winzigen Gebiet eingepfercht und wurden von ihrem ursprünglichen Land vertrieben.
Bis heute ist keine Lösung für dieses Volk gefunden worden. Sie dürfen nicht zurück
in ihr angestammtes Gebiet. Das ist wirklich ein Auftrag der UNO, alle Menschen dieser
Erde zu sensibilisieren und ihnen ins Gewissen zu reden, dass diese Völker ein Recht
auf Leben und Überleben haben. Dass sie in ihrer eigenen Kultur und mit ihren eigenen
kulturellen Ausdrucksformen leben und überleben können. Das erwarte ich mir und verlange
ich von der UNO!“