2012-08-07 12:59:26

Kongo: Das Netzwerk


RealAudioMP3 „Politik im Kongo geschieht nicht durch Dialog, sondern immer nur durch ein kompliziert ineinander versponnenes Netzwerk von Politik, Militär und Wirtschaft.“ Fiona Byrne ist Konfliktforscherin beim Heidelberg Institute for International Conflict Research und spezialisiert auf die Demokratische Republik Kongo mit dem Krisengebiet des Nordkivu. Historisch gesehen lägen vor allem der Imperialismus und die Kolonialisierung der westlichen Großmächte am Ursprung der heutigen Situation. Erschwerend komme hinzu, dass viele westliche Handelspartner auch vom Mineralölhandel mit dem Kongo profitierten und somit an den Vorkommnissen im Krisengebiet nicht unbeteiligt seien. Gleichzeitig seien die westlichen Möglichkeiten, im Kongo etwas wiedergutzumachen, ziemlich begrenzt. Das erfuhr unsere Redakteurin Christine Seuss im Gespräch mit der Konfliktforscherin.

„Es ist immer schwierig von außen, als Europäer, einzugreifen, zumal meiner Meinung nach dort viel falsch gemacht wurde. Viele Entwicklungen, die wir heute sehen, lassen sich noch auf den Kolonialismus zurückführen und auf eine fehlende Staatlichkeit, die sich natürlich auch selbst weitergeführt hat. Bezogen auf den Kongo hat sich auch hier, nach dem Abzug der Belgier und der Unabhängigkeit, das Muster der fehlenden Staatlichkeit und des Regierens durch Patronage einfach weiter durchgezogen, und das bis heute.“

Auf dieselbe Art und Weise, wie der Diktator Mobutu seinerzeit regierte, sei auch danach, in immer wiederkehrenden Mustern unter Laurent Kabila wie unter dem aktuellen Präsidenten Joseph Kabila, die Unterdrückung des Volkes weiter getrieben worden. Die Verstrickungen der Patronage-Netzwerke und die Verflechtungen von Gewalt, Politik und Wirtschaft müsse der Staat gemeinsam mit der Gesellschaft selbst lösen, findet Fiona Byrne. Sicherlich könnten Bestimmungen wie der im Juli von Präsident Barack Obama in den Vereinigten Staaten verabschiedete „Dodd-Frank Wall Street Act“ dabei helfen. Dieser enthält auch einen Paragraphen, der den Handel mit Konfliktmineralien aus dem Kongo transparenter machen will. Die westlichen Handelspartner seien aber nur die eine Seite.

„Allerdings muss auch von der anderen Seite, im Kongo selbst, genau das Gleiche passieren. Es wird immer noch mehr Gold, Coltan usw. durch Ruanda und Uganda aus dem Kongo geschmuggelt, als tatsächlich legal verkauft wird. Natürlich müssen wir etwas dagegen tun, aber man kann von außen eben nur begrenzt eingreifen. Vor allem muss man, wenn man unterstützen will, die Kongolesen in ihren eigenen Vorhaben unterstützen.“

In Kampala, der Hauptstadt Ugandas, versammelt sich an diesem Dienstag die Internationale Konferenz Große Seen (ICGLR), um über die Konfliktsituation und die Sicherheit im Krisengebiet Kongo zu beraten. Fiona Byrne hält es allerdings auch für wichtig, das Land von innen heraus zu sanieren. In dieser Lage seien katholische Initiativen wie der „Marsch der Hoffnung“ von Anfang des Monats eine Art und Weise, den sonst nicht an der Politik beteiligten Bürgern eine Stimme zu geben.

„Das Problem im Kongo bleibt jedoch, dass dort eine Zivilgesellschaft fehlt und Politik eben nur von oben gemacht wird, während die Bevölkerung kaum Einfluss hat. Allerdings, wenn sich dann Tausende Katholiken zusammen tun und so einen Marsch der Hoffnung veranstalten, dann ist das für den Kongo, und ganz besonders für die Kivuregion, schon ein sehr starkes Zeichen.“

Auch die Caritas setzt im Prozess der Konfliktlösung bei den kongolesischen Bürgern selbst an. Mit der Eröffnung des neuen Finanzinstituts „Tutante“ will sie dem unteren Wirtschaftssektor die Verselbstständigung ermöglichen. In der Erzdiözese Kananga werden seit vergangenem Samstag Mikro-Kredite vergeben, die Kleinbetrieben in der Landwirtschaft und Viehzucht, aber auch Familien das eigene Wirtschaften erleichtern sollen. Die Bevölkerung soll an die Kultur des Sparens gewöhnt werden und den Umgang mit Krediten und den eigenen Finanzen erlernen. Diese sozio-ökonomischen Aktivitäten könnten tatsächlich ein erster Ansatzpunkt sein, das Land von innen heraus zu erneuern.


(rv 07.08.2012 db)









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