Noch sind die genauen
Einzelheiten des Deals nicht bekannt – doch mit ihrer Einigung im Ölstreit haben Sudan
und Südsudan die Gefahr eines Krieges zunächst einmal gebannt. Die seit Januar gestoppte
Erdöl-Förderung im Südsudan wird bald wieder aufgenommen, bis zum 22. September sollen
die übrigen strittigen Punkte zwischen den beiden Nachbarstaaten geklärt werden. Allerdings
rät Pater Franco Moretti im Gespräch mit uns zur Vorsicht:
„Man weiß ja noch
gar nicht, wieviel Geld Khartum für das Öl verlangen wird“, so der italienische Missionsexperte.
„Ich habe ziemliche Zweifel, denn auch früher mal gab es angebliche gute Nachrichten,
und dann wurde da nichts draus. Jetzt gilt es abzuwarten, ob diese Abmachung wirklich
konkret ist: Wann geht die Ölförderung wieder los, wie kommt das Rohöl aus der Grenzregion
zwischen beiden Staaten nach Port Sudan. Leider werden vermeintlich gute Nachrichten
immer wieder durch die Haltung Khartums dementiert.“
Khartum ist die Hauptstadt
von Sudan, dem Riesenstaat, von dem sich Südsudan vor genau einem Jahr abspaltete.
Die Regierung in Khartum unter Präsident Omar al-Bashir hat jetzt prompt erklärt,
sie werde die Vereinbarung nicht umsetzen, solange Sicherheitsfragen noch nicht gelöst
seien. Und der Südsudan hat gleichzeitig noch nicht zu erkennen gegeben, dass er auf
den Bau einer Alternativ-Pipeline Richtung Kenia verzichten will. Diese Pipeline würde
das Erdöl aus dem Süden elegant am Sudan vorbeilenken; vor allem die chinesischen
Firmen, die viel Geld in Raffinerien im Sudan gesteckt haben, hätten das Nachsehen.
„Natürlich
will Kenia an diesen Ölreichtum herankommen; die Pläne für einen Hafen am Ozean im
Norden Kenias sind schon fertig, dort soll diese neue Öl-Pipeline enden. Das Erdöl
aus Südsudan ist für die globalisierte Welt in einem solchen Moment der Krise ziemlich
wichtig; darum hat sich Juba (die Hauptstadt von Südsudan) mit dem Unterbrechen der
Förderung bei den westlichen Regierungen wenig Freunde gemacht. Großbritannien hat
deswegen sogar die humanitären Hilfen für Südsudan ausgesetzt. Jetzt müssen Sudans
und Südsudans Führungen beweisen, dass sie wirklich gutwillig sind und die Frage wirklich
lösen wollen.“
Doch selbst wenn sie das tun, so der Experte, blieben da noch
ausgesprochen viele „ungelöste Fragen“, vor allem umstrittene Grenzterritorien. Der
Sudan hatte in den entsprechenden Gebieten eigentlich eine Volksabstimmung versprochen,
zögert aber, eine solche wirklich abzuhalten. Besonders umkämpft ist die Region Abyei,
die – ein wichtiges Detail – die meisten Ölquellen hat. Falls nun Sudan und Südsudan
zumindest ihr Ölabkommen umsetzen, dann bedeutet das nach Ansicht von Pater Moretti
zunächst mal einen Gewinn für China:
„China hat 2007 einen Vertrag mit Khartum
geschlossen, der deckt 86% des sudanesischen Erdöls ab. China ist auch sehr schnell
zu Absprachen mit dem Südsudan gekommen, es macht seine Geschäfte überall, auch mit
zwei Nachbarstaaten, die sich untereinander streiten. Die USA wiederum hoffen, bis
zum Jahr 2025 dreißig Prozent der Erdölressourcen aus dem subsaharischen Afrika zu
beziehen; sie wollen ihre Abhängigkeit vom nahöstlichen Öl auf längere Sicht verringern.“
Bei
einem Kurzbesuch in Juba hatte US-Außenministerin Hillary Clinton vor ein paar Tagen
Sudan und Südsudan eindringlich zu einem Kompromiss im Ölstreit aufgerufen.