2012-07-24 11:52:07

Libanon: „Christen in Nahost dürfen jetzt nicht nur an sich selbst denken“


RealAudioMP3 Ein Patriarch aus dem Libanon rät den Christen des Nahen Ostens dringend, sich angesichts des „Arabischen Frühlings“ nicht nur an ihre eigenen Interessen und Privilegien zu klammern. Auch wenn die Umwälzungen in Syrien äußerst blutig verlaufen, sollten die Christen den Wandel als Chance begreifen. Nerses Bedros XIX. Tarmuni ist der Patriarch von Kilikien der armenisch-katholischen Kirche; er residiert in der libanesischen Hauptstadt Beirut.

„Die Lage ist vor allem wegen der unschuldigen Opfer zu beklagen, die einen hohen Preis zahlen: Tote, Verletzte, Familien auf der Flucht aus den Kampfgebieten in Richtung Libanon, Jordanien, Irak und Türkei. Diese Lage hat besondere Auswirkungen auf die christlichen Gruppen, weil sie numerisch in der Minderheit sind und fürchten, dass die islamistischen Kräfte ihre bürgerlichen und religiösen Rechte nicht anerkennen werden, wenn sie erst einmal an die Macht gelangen sollten.“

Berechtigte Sorgen bei den Christen also: Die Nachrichtenagentur Fides spricht etwa von islamistischen Gruppen, die derzeit im Windschatten der Kämpfe in Syriens Hauptstadt Damaskus Jagd auf Christen machen. Eine sogenannte „Brigade des Islam“ hat nach diesen Angaben am Montag eine ganze christliche Familie im Stadtviertel Bab Touma hingerichtet. Patriarch Nerses Bedros XIX. kennt solche Berichte.

„Man kann allerdings auch nicht leugnen, dass es Zeit ist, die autoritären Militärregime abzulösen, die schon seit Jahrzehnten am Ruder sind, um gerechtere und menschlichere Machtstrukturen aufzubauen. Der Wechsel kann jedoch weder schnell geschehen noch auf eine perfekte Weise! Darum geht es jetzt um Geduld und Bürgersinn: nicht nur an seine eigenen Interessen denken, sondern ans Gemeinwohl, und Schluss machen mit der Korruption, die ein paar reich macht und die Schwächsten unterdrückt. In dieser Übergangslage sollten die Christen sich nicht von diesen Prinzipien abbringen lassen! Also nicht nur versuchen, die eigenen Rechte zu wahren oder auf jeden Fall auf der Seite des Stärkeren zu stehen.“

„Gleiche Rechte für alle Bürger“ – das sollte das Ziel der Christen sein, sagt der Patriarch aus dem Libanon.

„Die Christen müssen jetzt zeigen, dass sie nicht weniger patriotisch sind als ihre muslimischen Mitbürger. Sie sollten auch nicht der Versuchung erliegen, die mächtigen Nationen um Hilfe zu rufen, damit diese sie beschützen. Den mächtigen Nationen ist das Thema Religion nämlich egal, sie kümmern sich nur um ihre eigenen Interessen.“

(rv 24.07.2012 sk)







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