D: „Bescheidungsurteil ist Teil einer Ausgrenzungsdebatte“
Juristen, Theologen und Historiker haben bei einer Tagung der Heidelberger Hochschule
für Jüdische Studien das Kölner Urteil zur Beschneidung sowie die daraus entstandene
öffentliche Debatte kritisiert. „Wir erleben derzeit eine teils antisemitisch geprägte
Ausgrenzungsdebatte im Namen liberaler Werte“, sagte der UNO-Sonderberichterstatter
über Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Heiner Bielefeldt, am Sonntag in Heidelberg.
Die mediale Auseinandersetzung richte sich auch gegen Religionen im Allgemeinen und
trage „befremdlich herrische und völlig unangemessene Züge“. Aus seiner Sicht versuchten
derzeit einzelne Juristen, die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit „zurückzustutzen“.
Der Leiter der Hochschule für Jüdische Studien, Johannes Heil, sagte, die aktuelle
Debatte greife antijüdische Stereotypen der Geschichte auf. Bereits im Mittelalter
sei die Beschneidung als grausamer jüdischer Ritus diskriminiert worden. Wenn Zeitungen
aktuell Bilder von laut schreienden Kindern als Illustration der Beschneidungsdebatte
nutzten, „vor allem, um die Auflage zu steigern, muss man sehr aufpassen, in welche
historische Traditionslinie man sich begibt“, so Heil.