Der Präfekt der römischen Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller,
hat das Zweite Vatikanische Konzil als verbindlich für eine eventuelle Einigung mit
der ultrakonservativen Piusbruderschaft erklärt. Die Aussagen des Konzils zu Religionsfreiheit,
Judentum und Menschenrechten hätten „dogmatische Implikationen“, sagte Müller der
„Süddeutschen Zeitung“ vom Samstag. „Die kann man nicht ablehnen, ohne den katholischen
Glauben zu beeinträchtigen.“ Die Haltung Roms gegenüber den Traditionalisten sei eindeutig.
„Wir müssen abwarten, welche offizielle Erklärung von der Bruderschaft kommt“, so
der Erzbischof. Er wies Darstellungen der Piusbrüder zurück, wonach Papst Benedikt
XVI. sich gerne mit ihnen einigen würde, die Glaubenskongregation jedoch dagegen sei.
Das habe „mit der Wirklichkeit nichts zu tun“. Die Bruderschaft St. Pius X. hatte
am Donnerstag mitgeteilt, dass über eine mögliche Einigung mit dem Vatikan noch eine
außerordentliche Versammlung der Bruderschaft beraten müsse. Weiter äußerte sich
der Leiter der vatikanischen Glaubenskongregation zum Thema Missbrauch durch Kleriker.
Dabei betonte er den Vorrang staatlicher Gerichte bei der Bewertung von Missbrauchsfällen.
„Der Täter muss sich vor einem weltlichen Gericht verantworten“, so Müller. Erst danach
hätten die Bischöfe und die Glaubenskongregation zu entscheiden, „ob und wie er noch
einmal in der Seelsorge eingesetzt werden kann“. Der frühere Regensburger Bischof
unterstrich, dass ein Einsatz solcher Täter in der ordentlichen Seelsorge nicht mehr
in Frage komme; dies sei höchstens in sehr beschränkten Diensten als Priester denkbar.
„Klar muss immer sein: Wir vertuschen nichts, wir verharmlosen nichts.“ Es gebe keine
vergleichbare in der Jugendarbeit engagierte Organisation, die sich so rigoros dem
Thema Missbrauch gestellt habe. Die Kirche müsse sich daher wehren, wenn Priester
unter Generalverdacht gestellt würden. (kna 21.07.2012 pr)