Schweiz/Vatikan: Antwort an Rom „in sehr kurzer Zeit“
Die Leitung der ultrakonservativen
Piusbrüder äußert sich auch zwei Tage nach dem Ende ihres Generalkapitels nicht eindeutig
zu ihrer Haltung gegenüber dem Vatikan. Zugleich greift der Generalobere der traditionalistischen
Bruderschaft, Bernhard Fellay, den neuen Präfekten der römischen Glaubenskongregation,
Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, scharf an. Indirekt wirft er dem früheren Regensburger
Bischof vor, selbst Irrlehren zu verbreiten, obwohl er doch die Kirche vor solchen
schützen müsse. Am Montagabend veröffentlichte das Mitteilungsblatt der Priesterbruderschaft
Pius X. im schweizerischen Econe ein Interview mit Fellay, in dem er ankündigte, man
werde „in sehr kurzer Zeit Rom die Position des Kapitels zukommen lassen, das uns
die Gelegenheit gegeben hat, unsere Marschroute zu präzisieren“. Weiter betonte Fellay,
dass „alle Unklarheiten unsererseits“ beseitigt worden seien. Die Piusbrüder bestünden
aber weiterhin „auf der Bewahrung unserer Identität, was das einzige wirksame Mittel
darstellt, um der Kirche zu helfen, die Christenheit zu erneuern“. Die Traditionalisten
könnten „kein Stillschweigen bewahren im Angesicht des allumfassenden Glaubensabfalles,
auch nicht vor dem schwindelerregendem Zusammenbruch der Berufungen und des religiösen
Lebens“. Zugleich bekundete Fellay aber auch sehr deutlich den Willen zur Einheit
mit der römisch-katholischen Kirche: „Wir sind Katholiken, wir anerkennen den Papst
und die Bischöfe, müssen aber vor allem den Glauben unverändert bewahren, welcher
Quelle der Gnade des lieben Gottes ist. Als Folge daraus muss man all das vermeiden,
was ihn in Gefahr bringen könnte, ohne uns jedoch an die Stelle der katholischen,
apostolischen und römischen Kirche zu setzen. Fern sei von uns die Idee, eine Parallelkirche
zu begründen, die ein paralleles Lehramt ausübt.“ Darüber hinaus griff der Generalobere
in dem Interview den neuen Präfekten der römischen Glaubenskongregation, Erzbischof
Gerhard Ludwig Müller, an: „Nach der mutigen Tat von Benedikt XVI. 2009 zu unseren
Gunsten schien er nicht im mindesten im gleichen Sinn mitarbeiten zu wollen. Er hat
uns wie Parias behandelt.“ Noch beunruhigender aber sei, so Fellay, dass ausgerechnet
Müller jetzt die Aufgabe habe, den Glauben gegen Lehrirrtümer und Häresien, also Irrlehren,
zu verteidigen: „Denn mehrere Texte von Bischof Müller über die wirkliche Transsubstantiation
von Brot und Wein in den Leib und das Blut Jesu Christi, über das Dogma der Jungfrauengeburt,
über die Notwendigkeit für die Nichtkatholiken, sich zur katholischen Kirche zu bekehren...
sind mehr als fragwürdig. Ohne jeden Zweifel wären sie früher Gegenstand einer Intervention
von Seiten des Heiligen Offiziums gewesen, aus dem die Glaubenskongregation hervorgegangen
ist, welcher er heute vorsteht.“ Im Vorfeld des Treffens waren dazu unterschiedliche
Positionen der Bischöfe der Priesterbruderschaft deutlich geworden, die von Rom nicht
anerkannt sind. Das Generalkapitel hatte in der letzten Woche von Montag bis Samstag
im schweizerischen Econe getagt. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob die Piusbrüder
eine vom Vatikan vorgelegte „Lehrmäßige Erklärung“ unterzeichnen. Dies ist Voraussetzung
für eine mögliche Aussöhnung mit Rom. (pm/kna 17.07.2012 pr)