China-Experte Pater Weber: „Dialog nicht gescheitert“
Auch nach der „illegitimen“
Bischofsweihe von Harbin ist der Dialog zwischen Vatikan und chinesischen Autoritäten
nicht gescheitert. Dies ist die Einschätzung des Leiters des China-Zentrums in Sankt
Augustin, Pater Anton Weber. Am 6. Juli war in Harbin durch die regierungsnahe offizielle
katholische Kirche wieder ein Bischof ohne Zustimmung des Vatikans geweiht worden;
die Weihe des neuen Weihbischofs von Shanghai am 7. Juli erfolgte dagegen mit dem
Placet beider Seiten. Die offizielle Kirche in China habe ihre eigene Vorstellung
von Dialog, erklärt Pater Weber im Gespräch mit dem Münchner Kirchenradio. So habe
man zwar einerseits „sehr scharf“ auf die jüngste Androhung von Sanktionen durch den
Heiligen Stuhl reagiert...
„Da haben die ganz scharf geantwortet nach dem
Motto: ,So eine rabiate Art der Vorgehensweise’ und dass das ,die Gefahr der Spaltung
der Kirche in sich birgt’. Am Schluss kommt aber immer: ,Wir sind zum Dialog bereit,
das ist der einzige Weg, um zur Verständigung zu kommen’. Aber bevor diese Frage durch
den Dialog gelöst ist, sagen sie: ,Wir werden in der Kirche Chinas weiter Bischöfe
weihen, weil das notwendig ist – mehrere Diözesen sind ohne Bischof, und wir werden
da auf unsere Art und Weise vorgehen.’“
Es komme nun darauf an, „wie weit
die Gläubigen und auch die Priester so etwas ernst nehmen“, so der Pater. Der neue
Weihbischof von Shanghai, Thaddeus Ma Daqin, hatte bei seiner Weihe seinen Austritt
aus der Patriotischen Vereinigung verkündet: „Nach dieser Weihe werde ich jede Anstrengung
in mein kirchliches Amt stecken. Es ist für mich ungebührend, meiner Position in der
Patriotischen Vereinigung weiter zu dienen“, soll Ma wörtlich gesagt haben. Ein unerhörter
Schritt, so Weber:
„Da ist etwas passiert, was noch nie da gewesen ist:
dass einer den Mut hat, sich so deutlich und klar von der Patriotischen Vereinigung,
bei der er ja Mitglied war und eine Stellung innehatte, zu distanzieren und sich abzumelden.
Da war eine ganz große Begeisterung unter den Gläubigen spürbar, die in der Kathedrale
präsent waren. Man hat gespürt, die nehmen das ernst, und auch dass da wirklich jemand
voll Hirte sein will für sein Kirchenvolk.“
Der Mut des Shanghaier Weihbischofs
hatte Konsequenzen: Ma wurde nach seiner Weihe offenbar von den staatlichen Behörden
am Shanghaier Wallfahrtsort Sheshan unter Hausarrest gestellt. Der nur einen Tag zuvor
in Harbin illegal zum Bischof geweihte Priester war dagegen vom Vatikan nach den Vorschriften
des Kirchenrechtes exkommuniziert worden. Wie gehen die chinesischen Katholiken mit
dem schwierigen Verhältnis zwischen Rom und Peking um? Dazu der Leiter des China-Zentrums
Sankt Augustin:
„Die katholische vatikantreue Kirche hat sich ja darauf
eingelassen, irgendwie zu kooperieren, damit sie ein einigermaßen geregeltes kirchliches
Leben führen kann, und hat sich den Einschränkungen unterworfen. Deren Mitglieder
sind trotzdem ,gut katholisch’, die Kirche hat eine Dynamik, und das wird ernst genommen,
das wächst.“
Die scharfe Grenzziehung zwischen regimetreuen Christen und
den romtreuen „Untergrundchristen“ in China ist in der Praxis verschwommen. Während
die „patriotischen Christen“ seit 1957 beziehungsweise wieder seit Ende der chinesischen
„Kulturrevolution“ mit staatlicher Erlaubnis aktiv sein können, kommt es gegen die
Mitglieder der „Untergrundkirche“ dagegen regelmäßig zu staatlichen Sanktionen. Schätzungsweise
rund 13 Millionen von etwa 1,3 Milliarden Einwohnern sind in der Volksrepublik China
Katholiken; die Behörden verzeichnen lediglich sechs Millionen.