Schwere Gefechte in
der Hauptstadt Damaskus: In Syrien sind die fieberhaften Vermittlungsversuche der
vergangenen Wochen und Monate spurlos vorübergegangen. Immer mehr Beobachter würden
einen internationalen Einsatz begrüßen. Nicht so der Theologe und Friedensforscher
Heinz-Gerhard Justenhoven. Zwar sei die Waffengewalt des Assad-Regimes gegen die eigene
Bevölkerung ein „ungeheuerlicher Skandal“, sagte der Direktor am Hamburger Institut
für Theologie und Friedensforschung an diesem Montag dem Kölner Domradio. Aber:
„Ich
glaube dass die Interventionen der letzten zehn Jahre gezeigt haben, dass wir eher
weniger in Richtung eines Friedens vorankommen, sondern dass durch den Einsatz von
Gewalt noch mehr Menschen zu Schaden kommen. Insofern lohnt es wirklich den äußersten
politischen Einsatz, um zu versuchen, einen militärischen Einsatz abzuwenden. Das
heißt, ich bin strikt gegen eine Intervention zum jetzigen Zeitpunkt, weil ich glaube,
dass die Gewalt nur eskalieren würde.“
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon
bemüht sich derzeit in Peking um eine diplomatische Lösung des Konflikts, und der
Syrien-Sondergesandte Kofi Annan ist nach Moskau gereist. Die alles entscheidende
Frage ist nach Einschätzung Justenhovens nun die, ob es gelingt, einen politischen
Kompromiss zwischen den Akteuren in Syrien, den Nachbarländern und den Großmächten
USA und Russland zu finden. Denn Justenhoven sieht weitgespannte politische Interessen,
die die Frage nach dem Wohl Syriens und seiner Bevölkerung überlagern.
„Wir
müssen sehen, dass Iran und Saudi Arabien in einem Gegensatz stehen. Hier kämpft das
schiitische Iran als regionale Macht mit dem sunnitischen Saudi Arabien um die Vormacht,
und Syrien liegt genau dazwischen. Auf der anderen Seite ringen die USA, die offenkundig
auf eine Veränderung der Lage in Teheran hinzielen und damit über Damaskus hinaus
auf Teheran schauen, mit Russland, das im syrischen Hafen Tartus einen letzten Militärhafen
im Mittelmeer hat und diesen zu verlieren droht, eben auch um Einfluss in der Region.“
Konkret
heißt das aus der Sicht des katholischen Friedensforschers:
„Russland und
USA müssen einen Kompromiss finden, der beiden Seiten erlaubt, ein Stück vom Kuchen
zu erhalten; nur dann ist es möglich, im Interesse der Bevölkerung zu einer anderen
als einer gewaltsamen Lösung zu kommen.“ (domradio 16.07.2012 gs)