2012-07-16 15:05:07

Syrien: Friedensforscher gegen Friedenseinsatz


RealAudioMP3 Schwere Gefechte in der Hauptstadt Damaskus: In Syrien sind die fieberhaften Vermittlungsversuche der vergangenen Wochen und Monate spurlos vorübergegangen. Immer mehr Beobachter würden einen internationalen Einsatz begrüßen. Nicht so der Theologe und Friedensforscher Heinz-Gerhard Justenhoven. Zwar sei die Waffengewalt des Assad-Regimes gegen die eigene Bevölkerung ein „ungeheuerlicher Skandal“, sagte der Direktor am Hamburger Institut für Theologie und Friedensforschung an diesem Montag dem Kölner Domradio. Aber:

„Ich glaube dass die Interventionen der letzten zehn Jahre gezeigt haben, dass wir eher weniger in Richtung eines Friedens vorankommen, sondern dass durch den Einsatz von Gewalt noch mehr Menschen zu Schaden kommen. Insofern lohnt es wirklich den äußersten politischen Einsatz, um zu versuchen, einen militärischen Einsatz abzuwenden. Das heißt, ich bin strikt gegen eine Intervention zum jetzigen Zeitpunkt, weil ich glaube, dass die Gewalt nur eskalieren würde.“

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bemüht sich derzeit in Peking um eine diplomatische Lösung des Konflikts, und der Syrien-Sondergesandte Kofi Annan ist nach Moskau gereist. Die alles entscheidende Frage ist nach Einschätzung Justenhovens nun die, ob es gelingt, einen politischen Kompromiss zwischen den Akteuren in Syrien, den Nachbarländern und den Großmächten USA und Russland zu finden. Denn Justenhoven sieht weitgespannte politische Interessen, die die Frage nach dem Wohl Syriens und seiner Bevölkerung überlagern.

„Wir müssen sehen, dass Iran und Saudi Arabien in einem Gegensatz stehen. Hier kämpft das schiitische Iran als regionale Macht mit dem sunnitischen Saudi Arabien um die Vormacht, und Syrien liegt genau dazwischen. Auf der anderen Seite ringen die USA, die offenkundig auf eine Veränderung der Lage in Teheran hinzielen und damit über Damaskus hinaus auf Teheran schauen, mit Russland, das im syrischen Hafen Tartus einen letzten Militärhafen im Mittelmeer hat und diesen zu verlieren droht, eben auch um Einfluss in der Region.“

Konkret heißt das aus der Sicht des katholischen Friedensforschers:

„Russland und USA müssen einen Kompromiss finden, der beiden Seiten erlaubt, ein Stück vom Kuchen zu erhalten; nur dann ist es möglich, im Interesse der Bevölkerung zu einer anderen als einer gewaltsamen Lösung zu kommen.“
(domradio 16.07.2012 gs)








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