2012-07-14 12:49:13

Libyen: „Wahlen waren ein Freudenfest“


RealAudioMP3 Bei den Parlamentswahlen in Libyen zeichnet sich – anders als etwa in Ägypten und Tunesien –ein voraussichtlicher Sieg der liberalen Kräfte ab. Die liberale „National Forces Alliance“ (NFA) des ehemaligen Premiers im Übergangsrat, Mahmud Dschibril, soll nach bisherigem Stand vor den Muslimbrüdern und Salafisten liegen; endgültige Ergebnisse dürften in ein paar Tagen bekannt gegeben werden. Werden die Liberalen unter der Führung des Gaddafi-Gegenspielers Libyen demokratischer machen? Der Apostolische Vikar von Tripolis, Bischof Giovanni Innocenzo Martinelli, sieht mit den ersten Parlamentswahlen in der Geschichte des Landes einen Schritt in diese Richtung getan. Wir haben an diesem Samstag mit Monsignor Martinelli gesprochen.

„Es war ein großes Fest der arabisch-islamischen Bevölkerung in Libyen, die mit einem großen Vorsprung über die anderen Kräfte gesiegt hat. Das Besondere: Es war ein Fest, die Wahlen waren ein Freudenfest für die ganze Bevölkerung. In Tripolis gab es Hupkonzerte und Freundschafts-Slogans und Musik. Das mag überraschen, ist aber sicher der echte Ausdruck dieses Volkes, das endlich eine Möglichkeit hatte, sich auszudrücken, und zwar sich in der richtigen Form auszudrücken.“

Am Islam als Grundlage des libyschen Staates werden auch die Liberalen nicht rütteln; in diese Richtung hat sich Dschibril, der an der Spitze der liberalen Bewegung steht, bereits geäußert. Doch werden sie unter seiner Führung im ethnisch vielfältigen Libyen Zusammenhalt und Einheit vorantreiben können? Der apostolische Vikars von Tripolis ist da ziemlich optimistisch:

„Wenn ein guter Teil der Libyer ihn gewählt hat, so denke ich doch, dass das die Richtung sein wird. Ich kann nicht ihre inneren Angelegenheiten beurteilen, denke aber, dass der Wille der Libyer ziemlich offensichtlich ist, eine Person zu haben, die nach 42 Jahren Diktatur das libysche Volk vertritt. Und ich denke, Dschibril ist die Person, die das schaffen kann, weil er den Applaus und die Zustimmung vieler Menschen hat. Er ist sicher eine ausgeglichene Person, die viel Konsens auf sich versammelt.“

Dass dann in der künftigen Volksversammlung die liberale Partei dominieren wird, ist mit dem möglichen Sieg Dschibrils freilich noch nicht garantiert: Die Parteien können in Libyen nur 80 der 200 Sitze in der Volksvertretung besetzen; die Mehrheit der Plätze soll unabhängigen Bewerbern vorbehalten werden. Martinelli zeigt sich vor diesem Hintergrund dennoch zuversichtlich, dass die Partei von Dschibril – der selbst aufgrund der Wahlgesetze, die ehemaligen Vertretern der Übergangsregierung den Weg ins Parlament versperrt, kein Abgeordneter werden kann, aber in Zukunft vielleicht Präsident werden könnte – die politische Linie der Volksversammlung bestimmen wird:

„Ich denke, dass Dschibril das Gleichgewicht halten wird und den nötigen Konsens haben wird, um eine ausgeglichene und gerechte Regierung aufzubauen.“

Wie hat die christliche Diaspora-Gemeinde in Libyen die Wahlen aufgenommen? Und wie gestaltet sich der interreligiöse Dialog? Dazu hören Sie mehr im Radio Vatikan-Programm am kommenden Montagabend.

(rv 14.04.12 pr)







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