Der Streit zwischen
dem neuen ägyptischen Präsidenten, Mohammed Mursi, und den Generälen heizt sich auf.
Das Verfassungsgericht in Ägypten hält an der Auflösung des Parlaments fest. Es drohen
neue politische Unruhen. Dazu der koptisch-katholische Bischof von Assiut, Kyrillos
Kamal William Samaan:
„Die Leute werden das glaube ich nicht erdulden. Viele
werden demonstrieren, nach dem was ich gelesen habe, weil es die Entscheidung des
Verfassungsgerichts ist. Sie meinen Mursi hatte kein Recht, gegen diese Entscheidung
etwas zu unternehmen. Wie ich gelesen habe, wird die Opposition das nicht so einfach
durchgehen lassen. Ich denke, sie werden reagieren, viele ihrer Kräfte akzeptieren
das nicht.“
Der Islamist Mohammed Mursi hatte am Wochenende das per Gerichtsentscheid
aufgelöste Parlament wieder einberufen. So einfach „wird es nicht gehen“, sagte der
koptische Bischof wörtlich. Einige Stimmen hätten in dieser Geste sogar das Ende des
Präsidenten besiegelt gesehen, weil er „einen Verrat am Verfassungsgericht begangen“
habe.
Der Leiter der deutschsprachigen Gemeinde, Pfarrer Joachim Schrödel,
sieht hingegen in den Vorkommnissen quasi den nächsten Akt eines nun schon länger
währenden Theaterstücks, das den Zuschauer etwas deplatziert lässt:
„Ich
bin mal auf morgen gespannt! Ich kann wirklich nicht sagen, wie das weiter geht, und
das alles in einer vollkommen instabilen Situation, denn es hat sich ja in sechs bis
acht Tagen nichts geändert.“
Der Pfarrer, der nunmehr seit 17 Jahren in
Kairo lebt, hat sich aber natürlich doch eine Meinung gebildet:
„Ich glaube
durchaus, dass Mursi damit einen Schritt gemacht hat, der einfach in die falsche Richtung
gegangen ist. Er wollte wohl ein wenig Muskeln spielen lassen, bzw. man muss ja auch
immer sehen, dass seine Hintermänner die eigentlichen Regenten sind, denn Mursi ist
ein relativ schwacher Mann. Aber es gibt im Hintergrund eine Reihe von Leuten, die
damlas schon gesagt haben, das geht ja gar nicht, das Parlament wieder einsetzen.
Und das hat er jetzt einfach einmal versucht. Das typische Spiel, ich mache das jetzt
einfach, aber wohl wissend, dass er kein Verfassungsgerichtsurteil umstoßen kann.“
Sorge hat er nur, wie es tatsächlich weiter gehen könnte. Das Parlament
ist für Dienstag um 14 Uhr lokaler Zeit einberufen, Demonstranten haben aber bereits
angekündigt, dass sie den Parlamentariern den Zugang verwehren würden:
„Ich denke, dass heute Nacht noch etwas passieren wird. Natürlich hoffe ich nicht,
dass es zu Ausschreitungen kommt, aber es werden wohl viele Verhandlungen stattfinden,
um morgen für zehn Uhr eine Lösung zu präsentieren. Eventuell könnte das dann so aussehen,
dass die ehemaligen Abgeordneten sich treffen dürfen, aber keinerlei juristischen
oder politische Bedeutung mehr hätten. In die Richtung kann ich mir das durchaus vorstellen,
dass der Militärrat sagt, danke für die hervorragende Arbeit, aber jetzt ist es aus.“
Dennoch,
Mursi habe die erwarteten Unterwerfungsgesten gegenüber Militärrat und Verfassungsgericht
natürlich bereits zelebriert, so dass es hoffentlich ein eher harmloses Muskelmessen
sein werde:
„Mursi hat ja als Zeichen des Zugeständnisses gesagt, dass
das Parlament natürlich neu gewählt werden muss, so dass er klar auf der Linie des
Militärs und des Verfassungsgerichtes ist. Ich denke, es ist ein richtiges Muskelspiel
zwischen der Muslimbruderschaft oder Mursi selbst und dem Militär. Wir müssen wohl
wirklich abwarten, was die Nacht bringt.“