2012-07-09 15:47:06

Ägypten: „Es wird nicht so einfach gehen“


RealAudioMP3 Der Streit zwischen dem neuen ägyptischen Präsidenten, Mohammed Mursi, und den Generälen heizt sich auf. Das Verfassungsgericht in Ägypten hält an der Auflösung des Parlaments fest. Es drohen neue politische Unruhen. Dazu der koptisch-katholische Bischof von Assiut, Kyrillos Kamal William Samaan:

„Die Leute werden das glaube ich nicht erdulden. Viele werden demonstrieren, nach dem was ich gelesen habe, weil es die Entscheidung des Verfassungsgerichts ist. Sie meinen Mursi hatte kein Recht, gegen diese Entscheidung etwas zu unternehmen. Wie ich gelesen habe, wird die Opposition das nicht so einfach durchgehen lassen. Ich denke, sie werden reagieren, viele ihrer Kräfte akzeptieren das nicht.“

Der Islamist Mohammed Mursi hatte am Wochenende das per Gerichtsentscheid aufgelöste Parlament wieder einberufen. So einfach „wird es nicht gehen“, sagte der koptische Bischof wörtlich. Einige Stimmen hätten in dieser Geste sogar das Ende des Präsidenten besiegelt gesehen, weil er „einen Verrat am Verfassungsgericht begangen“ habe.

Der Leiter der deutschsprachigen Gemeinde, Pfarrer Joachim Schrödel, sieht hingegen in den Vorkommnissen quasi den nächsten Akt eines nun schon länger währenden Theaterstücks, das den Zuschauer etwas deplatziert lässt:

„Ich bin mal auf morgen gespannt! Ich kann wirklich nicht sagen, wie das weiter geht, und das alles in einer vollkommen instabilen Situation, denn es hat sich ja in sechs bis acht Tagen nichts geändert.“

Der Pfarrer, der nunmehr seit 17 Jahren in Kairo lebt, hat sich aber natürlich doch eine Meinung gebildet:

„Ich glaube durchaus, dass Mursi damit einen Schritt gemacht hat, der einfach in die falsche Richtung gegangen ist. Er wollte wohl ein wenig Muskeln spielen lassen, bzw. man muss ja auch immer sehen, dass seine Hintermänner die eigentlichen Regenten sind, denn Mursi ist ein relativ schwacher Mann. Aber es gibt im Hintergrund eine Reihe von Leuten, die damlas schon gesagt haben, das geht ja gar nicht, das Parlament wieder einsetzen. Und das hat er jetzt einfach einmal versucht. Das typische Spiel, ich mache das jetzt einfach, aber wohl wissend, dass er kein Verfassungsgerichtsurteil umstoßen kann.“

Sorge hat er nur, wie es tatsächlich weiter gehen könnte. Das Parlament ist für Dienstag um 14 Uhr lokaler Zeit einberufen, Demonstranten haben aber bereits angekündigt, dass sie den Parlamentariern den Zugang verwehren würden:

„Ich denke, dass heute Nacht noch etwas passieren wird. Natürlich hoffe ich nicht, dass es zu Ausschreitungen kommt, aber es werden wohl viele Verhandlungen stattfinden, um morgen für zehn Uhr eine Lösung zu präsentieren. Eventuell könnte das dann so aussehen, dass die ehemaligen Abgeordneten sich treffen dürfen, aber keinerlei juristischen oder politische Bedeutung mehr hätten. In die Richtung kann ich mir das durchaus vorstellen, dass der Militärrat sagt, danke für die hervorragende Arbeit, aber jetzt ist es aus.“

Dennoch, Mursi habe die erwarteten Unterwerfungsgesten gegenüber Militärrat und Verfassungsgericht natürlich bereits zelebriert, so dass es hoffentlich ein eher harmloses Muskelmessen sein werde:

„Mursi hat ja als Zeichen des Zugeständnisses gesagt, dass das Parlament natürlich neu gewählt werden muss, so dass er klar auf der Linie des Militärs und des Verfassungsgerichtes ist. Ich denke, es ist ein richtiges Muskelspiel zwischen der Muslimbruderschaft oder Mursi selbst und dem Militär. Wir müssen wohl wirklich abwarten, was die Nacht bringt.“

(rv 09.07.2012 cs)








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