Der Streit um das Urteil des Kölner Landgerichtes zur Beschneidungspraxis hat nun
auch Österreich erreicht: Der Urteilsspruch, die religiöse Beschneidung von Buben
sei als „schwere und irreversible“ und somit strafbare Körperverletzung zu werten,
sei ein massiver Eingriff in die Religionsfreiheit, erklärten jetzt sowohl christliche
als auch jüdische Stimmen in Österreich. Zu Wort meldeten sich der Wiener Theologe
Martin Jäggle als Präsident des österreichischen Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische
Zusammenarbeit, der Wiener Rabbiner Schlomo Hofmeister und der evangelische Synodenpräsident
Peter Krömer. Auch die Printmedien nehmen sich des Themas zunehmend an.
Von
einem „eklatanten Eingriff“ sprach Martin Jäggle am Mittwoch in einer Stellungnahme
gegenüber „Kathpress“. Das Kölner Urteil habe zwar für Österreich keine rechtlichen,
könne aber sehr wohl gesellschaftspolitische Folgen haben. Ähnlich argumentiert Schlomo
Hofmeister, Gemeinderabbiner von Wien: Beschneidung sei ein Eingriff, der von der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Präventivmaßnahme empfohlen wird; ihn „als rechtswidrige
Körperverletzung zu diffamieren, weil - und nur weil - seine Durchführung religiös
begründet war, ist nicht nur absurd, sondern implizit eine bemerkenswerte Antwort
auf die Frage, was wohl die wahre Motivation der an diesem Gerichtsverfahren beteiligten
Personen ist“. Für Juden sei die Beschneidung von Buben am achten Tag nach der Geburt
„essenzieller Bestandteil unserer religiösen Praxis, und es ist das Recht des neugeborenen
Juden, dass ihm seine Eltern dieses ermöglichen“ - noch dazu in einem Alter, da dieser
Eingriff „eine Bagatelle“ darstelle. Von diesem Ritual seien Juden auch im Alten Rom
nicht abgerückt, als die Beschneidung unter Todesstrafe gestellt wurde. „Dieser Spruch
eines untergeordneten Gerichts hat weder legislative Autorität noch einen präjudiziellen
Charakter, und wird mich keinesfalls davon abhalten, auch weiterhin jüdische Beschneidungen
in Deutschland durchzuführen“, so Hofmeister abschließend.
Der Präsident der
Generalsynode der Evangelischen Kirche in Österreich, Peter Krömer, betonte gegenüber
dem Evangelischen Pressedienst (epdÖ): „Das Verbot einer medizinisch nicht indizierten
Beschneidung männlicher Knaben greift massiv und nicht gerechtfertigt in die Religionsfreiheit
der Israelitischen Religionsgemeinschaft ein und auch in die Religionsfreiheit der
Islamischen Glaubensgemeinschaft.“