Das Glaubensleben
in Weißrussland ist im Aufschwung: Es gibt mehr Gläubige und Priesterberufungen sowie
einen regen interkonfessionellen Austausch in der ehemaligen Sowjetrepublik. Nach
der kommunistischen Vergangenheit des Landes setzt die Kirche heute viel daran, dem
spirituellen Hunger vor allem der jungen Menschen zu begegnen, berichtet der römisch-katholische
Erzbischof von Minsk und Mogilev, Tadeusz Kondrusiewicz, im Gespräch mit Radio Vatikan.
15 Prozent der 10 Millionen Einwohner des Landes sind katholisch, die Mehrheit der
Weißrussen gehört der orthodoxen Kirche an.
„Auf dieser Erde, die nicht
nur durch das physische, sondern auch durch ein ,spirituelles Tschernobyl‘ infiziert
wurde, ändert sich heute alles. Vor allem die jungen Menschen haben sich Gott und
der Kirche gegenüber geöffnet. Vor 20 Jahren gab es nur 60 weißrussische Priester,
heute sind es etwa 300. Letzten Samstag habe ich noch vier neue Priester und zwei
Diakone für meine Diözesen geweiht. Auch das ist ein Zeichen des Wachstums der Kirche
und des Anstiegs der Berufungen. In kurzer Zeit feiern wir das große Fest der Jungfrau
von Budslau, zu dem um die 30.000 Pilger kommen wollen, und im nächsten Jahr die 400-Jahrfeier
dieses Heiligtums.“
Die Kirche in Weißrussland könne heute „durchatmen“,
so der Erzbischof. Wenn auch das Wirken der Religionsgemeinschaften in Weißrussland
durch strenge staatliche Auflagen geregelt ist: So wird der Einfluss der Kirchen auf
die „Bildung geistiger, kultureller und staatlicher Traditionen des weißrussischen
Volkes“ vom Staat genau beobachtet. Auch Import und Verbreitung von Literatur durch
die Religionsgemeinschaften muss durch die Regierung abgesegnet werden. Mit liturgischen
Büchern gibt es aber wohl keine Probleme. Kondrusiewicz freut das vor allem mit Blick
auf die dringend notwendige Ausbildung der Laien:
„Die liturgischen Bücher
sind übersetzt worden und auf Weißrussisch gedruckt worden, das ist schon eine große
Hilfe, wenn auch noch nicht alle Dokumente übersetzt wurden. Ein Problem bei der Ausbildung
der Laien ist, dass sich die Mentalität aus Sowjetzeiten erhalten hat. Man muss dagegen
verstehen, dass nicht nur der Priester für die Gemeinde und Kirche verantwortlich
ist, sondern die Leute selbst. Ein anderes Problem: Uns fehlen gut ausgebildete Katecheten
– wir haben drei Ausbildungszentren für Katecheten – und fehlende Kirchen.“
Immerhin
würden in Minsk heute drei neue Kirchen gebaut, zusätzlich zu den vier alten Kirchen
im Zentrum, 20 Kirchengemeinden und fünf Kapellen. Sehr positiv äußert sich der katholische
Erzbischof über die Beziehungen zu anderen Glaubensgemeinschaften wie etwa der orthodoxen
Kirche:
„Die sind wirklich sehr gut. Wir haben gemeinsame pastorale Programme
im Bereich der Caritas und organisieren gemeinsam verschiedene Feiern und Konferenzen.
Das gefällt den Leuten sehr, denn sie wollen unsere Kirchen zusammen sehen. Unsere
Kirchen sind verschwistert; wie schon Johannes Paul II. sagte: ,Europa muss mit beiden
Lungen atmen‘. Die ökumenische und interreligiöse Atmosphäre ist wirklich sehr, sehr
gut.“