Misereor: „Ergebnis des Umweltgipfels ist enttäuschend“
Das Ergebnis des Umweltgipfels
“Rio + 20” ist enttäuschend, ja es bleibt weit hinter dem Aufbruch zurück, der auf
der Rio-Konferenz von 1992 noch zu spüren war. Zu diesem ernüchternden Fazit kommt
Pater Johannes Müller SJ, Vorsitzender des Misereor-Beirates und Teilnehmer der deutschen
Regierungsdelegation in Rio, im Interview mit Radio Vatikan. Die Umweltkonferenz,
zu der auch der Vatikan eine Delegation entsandte, geht an diesem Freitag zu Ende;
auf eine Abschlusserklärung hatte man sich im Vorfeld schon geeinigt.
„1992
war wirklich ein Aufbruchssignal mit vielen konkreten Konventionen, die später daraus
entstanden sind. Diesmal hat man eine relativ allgemeine Erklärung, die zwar viele
richtige Dinge enthält, die man aber fast alle bereits anderweitig gesehen hat. Und
insofern ist die Enttäuschung sehr groß. Wenn man die großen ökologischen Herausforderungen
sieht, das planetarische Risiko, die Grenzen unserer Erde – dann muss man sagen, dass
das Ergebnis außerordentlich schwach ist.“
Am Schlusstag der
Konferenz an diesem Freitag in Rio soll auch der Vatikan noch einmal zu Wort kommen,
heißt es. Ändern wird aber auch sein Beitrag an der Schlusserklärung nichts mehr,
zeigt sich Pater Müller überzeugt. Man habe sich in Rio „im Endeffekt nur auf den
kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt“:
„Weil Brasilien ein zweites
Papier vorgelegt hat, nachdem man sich wohl nicht einigen konnte. Aus diesem Papier
sind im Grunde genommen alle Punkte, bei denen es Einwände gab – ganz egal von wem,
USA, aber auch von Seiten des Heiligen Stuhles – herausgenommen worden. Insofern blieb
dann natürlich nur der Rest übrig.“
Das Abkommen von Rio +20 sei außerdem
in keiner Weise gesetzlich verbindlich, erinnert der Misereor-Beiratsvorsitzende.Überhaupt sei die Rede vom „Grünen Wirtschaften“ viel zu ungenau gefasst:
„Das
andere Problem ist, dass der Begriff der ,Green Economy’ noch sehr umstritten ist.
Man kann das als ein positives Signal sehen. Aber viele Nichtregierungsorganisationen
haben die Angst, dass das zu einer Monitorisierung der Umwelt führt – also es verbinden
sich sehr unterschiedliche Vorstellungen mit diesem Begriff. Ich glaube, wir müssen
jetzt vor allem versuchen, daraus etwas Vernünftiges zu machen. Das ist Chance des
Gipfels: zu sagen, wenn es uns in den nächsten Jahren gelingt, bestimmte Dinge umzusetzen,
dann kann der Gipfel im Nachhinein noch zu einem Erfolg werden.“
Eine
große Hoffnung sei besonders enttäuscht worden, so der Miseror-Fachmann:
„Eine
der großen Hoffnungen, gerade auch der EU – die sich ja für viele Dinge stark gemacht
und eine gewisse Vorreiterrolle hatte, am Schluss aber gegen alle anderen allein stand
– war es, dass man die Umweltorganisation in Nairobi erheblich aufwertet und zu einer
Sonderorganisation der Vereinten Nationen erhöht, so dass sie stärker sei gegenüber
Welthandelsorganisationen, der Weltbank usw. Das ist im Grunde nicht gelungen; es
gibt nur Erklärungen, dass man einen Prozess einleiten will, dass vielleicht in der
UNO-Vollversammlung noch was verbessert wird. Auch die Forderung nach der Verankerung
des Rechtes auf Nahrung ist auf den kleinsten Nenner gebracht worden, den alle akzeptiert
haben.“
Das Kyoto-Protokoll, die Millenniumsziele und jetzt Rio+20
– es entsteht der Eindruck, dass globale Umweltziele nur schwer erreicht werden können.
Andererseits sind Klima, Umwelt und damit menschliche Lebensräume vor allem der Ärmsten
der Welt nur über lokale Einzelinitiativen wohl kaum zu retten. Laut Müller „muss
man sich davon verabschieden, dass eine globale Konferenz diese ganz großen Ziele
erreicht“. Er schlägt dagegen vor:
„Wir müssen schauen, dass man jetzt auf
einer Ebene tiefer, also regional, Ansätze findet, dass man zum Beispiel ein Angebot
der Bundesregierung zu Maßnahmen entwickelt, dazu Entwicklungsländer einlädt und mit
einigen zusammen einige Dinge voranbringt. Wir müssen zwar immer noch auf internationaler
Ebene arbeiten, aber dennoch mehr zu einem regionalen Ansatz kommen, weil wir wissen,
dass wir nicht so schnell auf der globalen Ebene zu Ergebnissen kommen.“