2012-06-19 13:17:43

D/Brasilien: „Die Zeit ist reif für einen Kurswechsel“


Vor dem UN-Umweltgipfel in Rio de Janeiro wächst die Zahl der Appelle für einen Kurswechsel zu mehr nachhaltiger Entwicklung. Allerdings sind die Erwartungen begrenzt. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) forderte am Dienstag wirksame Maßnahmen gegen Nahrungsmittelknappheit. „Weltweit durchschnittlich 40 Prozent Verlust nach der Ernte, das ist das erste, was man beenden muss“, sagte er kurz vor seinem Abflug nach Brasilien dem Bayerischen Rundfunk (BR). Mit Schulungen in Lagerhaltung und Bewässerungstechniken müssten die Menschen in Entwicklungsländern lernen, wie Nahrungsmittel nach der Ernte haltbar gemacht werden können.
Der Chef des UNO-Umweltprogramms UNEP, Achim Steiner, verteidigte das Konzept der „Grünen Wirtschaft“, die im Mittelpunkt der Beratungen beim Gipfel „Rio+20“ steht. Die Wende zu einer nachhaltigen und umweltschonenden Ökonomie sei kein Projekt der großen Weltkonzerne, das nur den Reichen nütze, sagte er laut der Tageszeitung „taz“ vom Dienstag. So sei etwa die Umstellung auf erneuerbare Energien eine dezentrale Angelegenheit mit unterschiedlichen Akteuren.
Pessimistisch blickt das katholische Hilfswerk Misereor auf den Gipfel. Die „Grüne Ökonomie“ formuliere keinerlei Vorschläge zu mehr Ressourcen- und Einkommensgerechtigkeit, sondern lediglich das vage Versprechen, dass auch die Armen von den Effekten einer wachsenden Wirtschaft profitierten, kritisierte der für das Hilfswerk zuständige Hamburger Erzbischof Werner Thissen in Aachen. Solange die soziale Gerechtigkeit auf der Strecke bleibe, könne nachhaltige Entwicklung keine Akzeptanz finden.
Die kirchlichen Jugendverbände in Deutschland fordern von „Rio+20“ mutige Beschlüsse zur Sicherung der Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen. „Mit zunehmender Ungeduld beobachten die christlichen Jugendverbände in Deutschland, dass in der internationalen Politik und Wirtschaft immer mehr über Nachhaltigkeit geredet wird, aber entscheidende Anstrengungen für kohärente soziale, ökologische und ökonomische, also nachhaltige Entwicklung, ausbleiben“, erklärten die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej) und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ).
Aus Sicht der Umweltorganisation NABU muss Deutschland als moderne Industrienation eine Führungsrolle beim globalen Aufbau der „Grünen Wirtschaft“ einnehmen. „Dazu brauchen wir dringend Fortschritte beim Abbau umweltschädlicher Subventionen vor allem für fossile Energien und eine nicht-nachhaltige Agrarwirtschaft“, verlangte NABU-Präsident Olaf Tschimpke in Berlin. Steuern und Abgaben sollten weniger die Produktivität und Arbeitskraft belasten, sondern hohen Umweltverbrauch.
Die Kinderhilfsorganisation terre des hommes kritisierte den Entwurf des Rio+20-Abschlussdokuments als schwach und inkonkret. Offenbar sollten die Lebensrechte künftiger Generationen wirtschaftlichen Interessen und nationalem Kalkül geopfert werden, so die Organisation in Osnabrück.
Der Brasilianische Indianermissionsrat (CIMI) machte auf die Not indigener Völker aufmerksam, die durch die Abholzung des Regenwaldes und Landenteignungen bedroht seien. „Diese Verrohung des Konsums verursacht ökologische Schäden. Hier müssten strukturelle Veränderungen passieren“, sagte CIMI-Generalsekretär Cleber Cesar Buzatto dem katholischen Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat in Essen. Stattdessen solle mit der „Grünen Wirtschaft“ das bisherige Modell des Wirtschaftens weiter fortgesetzt werden.
Die Veranstalter des parallel zum „Rio+20“-Gipfel stattfindenden „Gipfels der Völker“ forderten, dass die Regierungen das „vernachlässigte Thema“ Abrüstung ernsthaft angehen und einen globalen Abrüstungsplan beschließen. „Die freiwerdenden finanziellen Mittel sollten für soziale, wirtschaftliche und ökologische Programme in allen Ländern verwendet werden“, heißt es in dem Aufruf mehrerer Nichtregierungsorganisationen.
(kna 19.06.2012 pr)








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