Pater Lombardi: Wie lange dauert die Nacht in Syrien noch?
Wie sehr wird die
Spirale der Gewalt in Syrien noch anwachsen, wie lange noch werden Unschuldige sterben
oder aus ihren Häusern vertrieben? Das fragt sich Vatikansprecher Pater Federico Lombardi
in seinem wöchentlichen Editorial für Radio Vatikan. Dabei beklagt er, dass ein Land,
das traditionell gute interreligiöse, aber auch interkonfessionelle Beziehungen der
christlichen Glaubensgemeinschaften untereinander vorweisen konnte, nun in Gewalt
und Chaos gestürzt wird:
„Von verschiedenen Ortschaften in Syrien kommen
nach wie vor jeden Tag Nachrichten über Massaker an unschuldigen Menschen jeden Alters
und jeden Glaubens. Mittlerweile sind es immer mehr Stimmen, die von einer wahrhaftigen
Bürgerkriegssituation in sprechen. Eine ,langsame Höllenfahrt‘ hat der apostolische
Nuntius, Erzbischof Mario Zenari, diese genannt.“
Diese Gegenwart stehe
in krassem Gegensatz zur Vergangenheit: der Besuch Johannes Pauls II. in Syrien im
Jahr 2001 habe in noch ungetrübter und freundschaftlicher Atmosphäre stattfinden können.
Die Erwartungen gerade der jungen Generation an den „Arabischen Frühling“ seien vielerorts
enttäuscht worden, fährt Lombardi fort:
„Die Erwartung von Freiheit
und Demokratie, die in so vielen jungen Syrern lebt, aber auch in anderen Ländern,
die vom Wind der Erneuerung ergriffen worden sind, sind von Seiten der Machthaber
ungehört geblieben, während sich im Lager der Oppositionellen gewalttätige Verhaltensweisen
eingenistet und etabliert haben.“
Die Appelle des Papstes und der
internationalen Gemeinschaft konnten an der Situation bislang nichts ändern, die Position
Syriens an der Schnittstelle zwischen dem russischen und dem westlichen Einflussbereich
sei dabei wohl mit ausschlaggebend. Einem möglichen militärischen Eingreifen nach
Scheitern des Friedensplans von Kofi Annan sieht Pater Lombardi mit großer Sorge entgegen.
Und er ruft die Gläubigen zur Solidarität mit der leidenden syrischen Bevölkerung:
„Für
die Gläubigen ist es an der Zeit, Mitleid zu zeigen, zu beten, den Leidenden so gut
es geht beizustehen. Sie müssen zu Initiativen des Dialogs auf allen Ebenen einladen
und diese unterstützen, das sind kleine Hoffnungsstreifen. Weder werden wir Syrien
vergessen, noch lassen wir es auf sich allein gestellt.“