2012-06-15 12:34:05

Österreich: Theologie-Dekanin für europaweite Diplom-Anerkennung


RealAudioMP3 Die theologische Fakultät der Universität Wien erhält erstmals eine Dekanin: Ab kommenden Herbst leitet die deutsche Moraltheologin Sigrid Müller die Fakultät. In diesen Tagen war Müller in Rom zu Besuch, da sie dem Wissenschaftlichen Beirat der Agentur Avepro des Heiligen Stuhls angehört, die sich um die Qualitätssicherung der theologischen Fakultäten in Europa kümmert. Im Gespräch mit Radio Vatikan bekundet die Moraltheologin ihren Willen, die Theologie als Wissenschaft zu fördern:


„Das Interessante daran ist für mich, dass es darum geht, einen Geist des Nachdenkens über das, was man an den Fakultäten tut, gemeinsam zu erörtern und dadurch auch die Kreativität zu fördern, wie man mit Ressourcen verantwortlich umgehen und die Lehre verbessern kann. Das Ziel sollte sein, der Theologie als Wissenschaft in Europa einen hohen Stellenwert zu geben.“


Es gebe viele Länder in Europa, in denen es keine theologischen Fakultäten an staatlichen Universitäten gibt und in denen deshalb die Theologie-Abschlüsse nicht anerkannt werden. Hier müsse es von Seiten der katholischen Kirche auch politische Initiativen geben, die auf Europa-Ebene in Richtung allgemeine Anerkennung gingen, so Müller.


„Gerade im Bildungskontext ist es für mich ein großes Anliegen, dass Bildung an den Universitäten eben nicht nur Ausbildung für die Wirtschaft sein soll – so wichtig es ja auch ist – sondern dass wir gebildete und kulturinteressierte Menschen für unsere Gesellschaft brauchen, damit sie auch in Zukunft ein sinnvolles Leben ermöglichen. Und da kann die Theologie einen wesentlichen Beitrag leisten. Deshalb ist aber auch die europäische Dimension so wichtig.“

Österreich ist internationaler Standort

Die theologische Fakultät an der Universität Wien ist vor allem in den Ostkirchen-Studien gut aufgestellt, da sie – auch aus geographischen Gründen – ein Treffpunkt vieler Studierender und Lehrender aus dem Osten ist. Aber auch der Blick auf die Situation der katholische Kirche in Österreich geht an der Fakultät nicht verloren, so die designierte Dekanin Müller. So ist auch die Pfarrer-Initiative ein Thema unter Studenten und Professoren.


„Es gibt bei uns auch sehr lebhafte Diskussionen dazu. Die Fakultät versucht diesbezüglich ein Forum anzubieten, bei dem man offen und auch mit unterschiedlichen Positionen vertreten sein kann, um den wahren Dingen auf die Spur zu kommen. Das ist ja die Suche nach den guten Gründen und nach der Wahrheit, die die Theologie eigentlich anstreben sollte, und da versuchen wir für den Dialog in der Kirche ein Forum zu bieten.“


Durch die zahlreichen Ausländer an der Fakultät gebe es eine internationale Ausrichtung und bereichernde Diskussionen. Müller:


„Ich würde auch sagen, dass es in Österreich eine sehr große Breite an theologischen Überzeugungen und Formen des Christseins und des Katholischseins gibt, da hier aus historischen Gründen eine Mischung von Kulturen zu finden ist. Das hat sicherlich mit der Zuwanderung vieler Migranten aus benachbarten Ländern zu tun. Da gibt es eine besonders breite Mischung, die sich eindeutig von der in Deutschland oder der Schweiz unterscheidet.“


Die Rolle der Theologinnen

Die katholisch-theologische Fakultät an der Universität Wien ist eine der ältesten theologischen Fakultäten im deutschsprachigen Raum. Nur die Fakultät in Prag ist älter. 1384 erfolgte die kirchliche Anerkennung durch Papst Urban VI.. 628 Jahre später wird nun erstmals eine Frau die Fakultät leiten.


„46 Prozent der Studierenden sind Frauen. Bei den 15 Dozierenden haben wir drei Professorinnen. Wir sind somit ein leuchtendes Vorbild für andere theologische Fakultäten.“


Wissenschaftliches Arbeiten hänge zwar nicht vom Geschlecht ab, betont Müller. Aber:


„...ich glaube, dass der Blick auf die Welt und auf den Alltag manchmal einfach anders geprägt ist. Dadurch können wir einfach eine Stimme mehr einbringen. Es gibt natürlich spezielle wissenschaftliche Methoden, um beispielsweise aus feministischer Sicht an die Dinge heranzugehen, aber bei mir ist es eher ein Ansatz der Hermeneutik, dass wir die Alltagserfahrung einbringen – und in der Theologie vor allem den Glaubensalltag reflektieren. Da ist es wichtig, dass auch die Frauen darin vorkommen.“


(rv 15.06.2012 mg)








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