Pakistan: „Christen leben in beständiger Spannung“
Islamische Extremisten
in Pakistan bringen die wenigen dort lebenden Christen, aber auch die Mehrheit der
moderaten Muslime im Land immer stärker in Bedrängnis. Das berichtete der Vorsitzende
der Pakistanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Joseph Coutts, am Freitag bei einem
Pressegespräch in Wien. Der Erzbischof von Karachi erklärte, die Ziele der Extremisten
seien Andersgläubige genauso wie Regierungsvertreter oder Muslime, die eine extreme
Auslegung des Koran nicht teilten. Die Regierung sei kaum in der Lage, gegen die Extremisten
vorzugehen:
„Die Extremisten sind stark, weil sie nicht zögern, Gewalt anzuwenden,
auch gegenüber den Regierungen. Sie sind bereit, im Namen der Religion zu töten, und
bei Selbstmordattentaten zu sterben. Deshalb ist es sehr schwierig für unsere Regierung,
diese Art von terroristischem Ansatz im Namen der Religion zu kontrollieren“.
Etwa
zwei Prozent der rund 180 Millionen Einwohner von Pakistan sind Christen. Sie verfügten
über ein Grundmaß an Freiheit; ihre Lage habe sich aber in den vergangenen beiden
Jahrzehnten deutlich verschlechtert, beklagte Coutts eine wachsende Intoleranz gegenüber
Christen. Insgesamt herrsche durch die Angst vor Gewalttaten und Anschlägen islamischer
Extremisten eine „bedrückende“ Stimmung. Nicht-Muslime lebten auch wegen des Missbrauchs
der sogenannten „Blasphemie-Gesetze“, die bei Beleidigung des Propheten Mohammed die
Todesstrafe vorsehen, in ständiger Anspannung. Negative Auswirkungen für das Verhältnis
zwischen Christen und Muslimen in Pakistan habe auch die für weite Teile der Bevölkerung
selbstverständliche Gleichsetzung zwischen dem Westen und dem Christentum, betonte
Erzbischof Coutts.
„Man muss auch beachten, dass in der islamische Wahrnehmung
der Westen christlich ist. Wenn man also betrachtet, was auf internationaler Ebene
passiert, gibt es eine Menge Ärger unter den Muslimen. Sie schauen dann auf uns nicht
als pakistanische Christen, als Pakistani, sondern verbinden uns mit der westlichen
Christenheit. Und für alles Negative, das im Westen passiert, müssen wir die Konsequenzen
tragen.“
Als Beispiele nannte der Erzbischof den Karikaturenstreit genauso
wie Koranverbrennungen eines US-Pastors, aber auch Vorstellungen, wonach „die Christen“
den Irak oder Afghanistan angegriffen hätten oder sie „gemeinsam mit den Zionisten“
die Palästinenser unterdrücken würden. Die Extremisten machten nur eine Minderheit
in der Bevölkerung aus, betonte der Erzbischof. Weil jeder zweite Pakistani Analphabet
sei, hätten Imame aber einen großen Einfluss auf die Menschen. Coutts schilderte auch
einen Trend zum Studium in Saudi Arabien, von wo die jungen Leute mit „wahabitischen
Vorstellungen“ des Islam zurückkämen. Dennoch:
„Das Problem ist nicht der
„Mann auf der Straße“, sondern die starken extremistischen Gruppen. Sie gehorchen
keiner Logik. Ihre Logik ist der Fanatismus. Sie sind bereit, im Namen der Religion
zu töten und zu sterben."
Noch bis Samstag in Österreich
Erzbischof
Coutts hält sich noch bis Samstag im Rahmen einer einwöchigen Vortragsreise auf Einladung
der Hilfsorganisation „Kirche in Not“ in Österreich auf. In Wien und Graz ist der
Erzbischof auch mit Kardinal Christoph Schönborn und Bischof Egon Kapellari zusammengetroffen.
Zum Abschluss seines Besuchs feiert der Erzbischof am kommenden Freitag um 18.30 Uhr
einen Gottesdienst in der Kalasantinerkirche in Wien.