2012-06-12 14:36:44

Pakistan: „Christen leben in beständiger Spannung“


RealAudioMP3 Islamische Extremisten in Pakistan bringen die wenigen dort lebenden Christen, aber auch die Mehrheit der moderaten Muslime im Land immer stärker in Bedrängnis. Das berichtete der Vorsitzende der Pakistanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Joseph Coutts, am Freitag bei einem Pressegespräch in Wien. Der Erzbischof von Karachi erklärte, die Ziele der Extremisten seien Andersgläubige genauso wie Regierungsvertreter oder Muslime, die eine extreme Auslegung des Koran nicht teilten. Die Regierung sei kaum in der Lage, gegen die Extremisten vorzugehen:

„Die Extremisten sind stark, weil sie nicht zögern, Gewalt anzuwenden, auch gegenüber den Regierungen. Sie sind bereit, im Namen der Religion zu töten, und bei Selbstmordattentaten zu sterben. Deshalb ist es sehr schwierig für unsere Regierung, diese Art von terroristischem Ansatz im Namen der Religion zu kontrollieren“.

Etwa zwei Prozent der rund 180 Millionen Einwohner von Pakistan sind Christen. Sie verfügten über ein Grundmaß an Freiheit; ihre Lage habe sich aber in den vergangenen beiden Jahrzehnten deutlich verschlechtert, beklagte Coutts eine wachsende Intoleranz gegenüber Christen. Insgesamt herrsche durch die Angst vor Gewalttaten und Anschlägen islamischer Extremisten eine „bedrückende“ Stimmung. Nicht-Muslime lebten auch wegen des Missbrauchs der sogenannten „Blasphemie-Gesetze“, die bei Beleidigung des Propheten Mohammed die Todesstrafe vorsehen, in ständiger Anspannung. Negative Auswirkungen für das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen in Pakistan habe auch die für weite Teile der Bevölkerung selbstverständliche Gleichsetzung zwischen dem Westen und dem Christentum, betonte Erzbischof Coutts.

„Man muss auch beachten, dass in der islamische Wahrnehmung der Westen christlich ist. Wenn man also betrachtet, was auf internationaler Ebene passiert, gibt es eine Menge Ärger unter den Muslimen. Sie schauen dann auf uns nicht als pakistanische Christen, als Pakistani, sondern verbinden uns mit der westlichen Christenheit. Und für alles Negative, das im Westen passiert, müssen wir die Konsequenzen tragen.“

Als Beispiele nannte der Erzbischof den Karikaturenstreit genauso wie Koranverbrennungen eines US-Pastors, aber auch Vorstellungen, wonach „die Christen“ den Irak oder Afghanistan angegriffen hätten oder sie „gemeinsam mit den Zionisten“ die Palästinenser unterdrücken würden. Die Extremisten machten nur eine Minderheit in der Bevölkerung aus, betonte der Erzbischof. Weil jeder zweite Pakistani Analphabet sei, hätten Imame aber einen großen Einfluss auf die Menschen. Coutts schilderte auch einen Trend zum Studium in Saudi Arabien, von wo die jungen Leute mit „wahabitischen Vorstellungen“ des Islam zurückkämen. Dennoch:

„Das Problem ist nicht der „Mann auf der Straße“, sondern die starken extremistischen Gruppen. Sie gehorchen keiner Logik. Ihre Logik ist der Fanatismus. Sie sind bereit, im Namen der Religion zu töten und zu sterben."


Noch bis Samstag in Österreich

Erzbischof Coutts hält sich noch bis Samstag im Rahmen einer einwöchigen Vortragsreise auf Einladung der Hilfsorganisation „Kirche in Not“ in Österreich auf. In Wien und Graz ist der Erzbischof auch mit Kardinal Christoph Schönborn und Bischof Egon Kapellari zusammengetroffen. Zum Abschluss seines Besuchs feiert der Erzbischof am kommenden Freitag um 18.30 Uhr einen Gottesdienst in der Kalasantinerkirche in Wien.

(kap 12.06.2012 cs)







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