„Wir sollen uns nicht auf viele kleine Kirchlein aufteilen“
Die Eucharistie ist ein Moment nicht der Spaltung, sondern der Einheit. Das betont
der päpstliche Verantwortliche für die Internationalen Eucharistischen Kongresse,
Erzbischof Piero Marini, im Gespräch mit Radio Vatikan. An diesem Sonntag wurde der
50. Internationale Eucharistische Kongress in Dublin, Irland, feierlich eröffnet.
Diese katholischen Großveranstaltungen haben heute ein anderes Profil als früher in
ihrer Geschichte, erläutert Erzbischof Marini und erinnert zunächst an die Anfänge:
„Die Eucharistischen Kongresse entstanden am Ende des 19. Jahrhunderts
in einer Zeit, in der Kirche und Gesellschaft oft gegeneinander opponierten. Da gab
es die ungelöste Römische Frage mit der Besetzung des Kirchenstaates durch Italien,
der Papst galt als Gefangener im Vatikan, generell standen die zivilen Mächte der
Kirche feindlich gegenüber. In so einer Lage erwachte in den Katholiken der Wunsch,
ihre Präsenz in der Gesellschaft zu zeigen und zu beweisen, dass in der Gesellschaft
nicht nur kirchenfeindliche Kräfte am Werk sind, sondern auch eine höhere Macht: die
Anwesenheit Christi in der Eucharistie.“
Doch gab es nicht nur politisch-gesellschaftliche
Gründe für das Entstehen der Euchraristischen Kongresse, sagt Marini. Es ging auch
darum, die Vision eines Gottes vorzustellen, der näher an den Menschen war.
„Der
Jansenismus war weit verbreitet, denken wir an Blaise Pascal, der auf dem Totenbett
nach der Kommunion verlangte, sie aber verweigert erhielt, weil die Kommunion heiligen
Personen vorbehalten war. Um auf diesen fernen, erschreckenden Gott zu reagieren,
den der Jansenismus hatte, dachte man an einen nachen Gott, einen Gott in unserer
Mitte."
Schließlich haben die Eucharistischen Kongresses auch ein soziales
Moment, das der Eucharistie selbst innewohnt. Erzbischof Marini:
„Das kommt
etwa in Bombay 1960 gut zum Ausdruck. Papst Paul VI. nahm an diesem Eucharistischen
Kongress teil, übrigens als erster Papst an einem nicht in Rom stattfindenden Kongress.
Am Tag der Eröffnung ließ der Papst am Hafen von Bombay ein Schiff voller Weizen einlaufen,
um diesen sozialen Auftrag der Kirche zu unterstreichen, gerade in einem Land wie
Indien, das damals großen Hunger litt.“
Möglicherweise, so sagt Marini,
„trägt die Bezeichnung „Eucharistischer Kongress“ heutzutage eine Sichtweise mit sich,
die nicht mehr ganz mit den Eucharistischen Kongressen von heute im Einklang steht“.
Der Vatikan-Erzbischof erklärt das so:
„Heute ist ein Eucharistischer Kongress
der Kongress, der sich auf die Feier und auf das Leben gründet. Wir sind in einer
Lage der Neuevangelisierung: und die beschränkt sich nicht auf die Feier der Eucharistie.
Um die Eucharistie zu feiern, muss man gut vorbereitet sein, man muss die Heilige
Schrift kennen und die Bedeutung der Zeichen, die in der Eucharistie gesetzt werden.
Deshalb müssen wir unsere Religionsunterweisung verbessern und unsere Bildung, angefangen
von den Seminaren bis hin zu den Laien. Heute gibt es glücklicherweise viele gebildete
Laien.“
Der Eucharistische Kongress sollte jedenfalls ein Anlass zur Einheit
sein, ermuntert der Vatikan-Erzbischof zur Überwindung innerkatholischer Grabenkämpfe.
„Besonders jetzt, wo wir vielleicht in vielen Ländern Europas eine Minderheit
werden, müssen wir unsere Kräfte vereinen und uns nicht in viele kleine „Kirchlein“
aufteilen. Das Konzil begriff die Ortskirche immer als Diözesankirche. Wir müssen
also alle mit unserem Bischof und mit unserem Papst eins sein, und gemeinsam können
wir dieses erneuerte Antlitz der Kirche schaffen, das sich heute gerade über die Liturgie
vollzieht. Auch heute ist die Eucharistie ein Moment der Gemeinschaft, nicht der Spaltung.“ (rv
10.06.2012 gs)