Stift St. Paul: Dunkle Seite der Geschichte als „Chance“
„Hexen, Magier und Dämonen“ in Kärnten: Eine Ausstellung der Benediktiner vom Stift
St. Paul schickt die Besucher auf eine Reise in die Vergangenheit, die zu Scheiterhaufen
und Scheinprozessen führt. Aber nicht nur. Die Besucher werden auch herausgefordert,
sich selbst die Frage nach Gut oder Böse zu stellen. Der kritische Blick auf die eigene
Geschichte soll „die Chancen des Lernens aus der Geschichte zeigen“ – das sagte der
Museumsdirektor, Pater Gerfried Sitar, im Gespräch mit der österreichischen Nachrichtenagentur
Kathpress. Die Benediktiner wollten zeigen, „wie wir aus der Kirche von gestern bzw.
den Fehlern von damals lernen können“.
Aus den Fehlern lernen bedeute auch,
toleranter sein, „nicht von vorne herein verurteilen, sondern den Menschen an sich
in den Vordergrund stellen“, so Pater Sitar: „Menschlichkeit ist das, was wir von
Christus gelernt haben, und über diese Menschlichkeit sollte sich niemand stellen.“
Eine „tolerante Kirche“ von heute könne „eine gewisse Weite haben“ und somit bei Problemen
zu einer neuen Lösung finden. Als vergangenge bzw. aktuelle Beispiele nannte der Ordensmann
den generellen Umgang mit Frauen in der Kirche oder mit Andersdenkenden, die „vielleicht
den Horizont ihrer Zeit gesprengt haben“, bzw. mit Anderslebenden, wie etwa zuletzt
im Fall des homosexuellen Pfarrgemeinderats in der niederösterreichischen Pfarre Stützenhofen.
Generelles
Beispiel ist u. a. die erste Berechnung der Erdumlaufbahn um die Sonne, die aus dem
Jahr 1435 stammt und ebenfalls in der Ausstellung gezeigt wird. „Da haben sich Menschen
mit der Natur auseinandergesetzt und sind bereits damals zur Erkenntnis gekommen -
sie haben sich aber nicht getraut, diese zu veröffentlichen“, so P. Sitar. Zugleich
betont der Museumsdirektor, dass die „dunkle Geschichte“ nie die ganze Gesellschaft
oder auch die ganze Kirche betroffen habe, sondern immer einzelne Vertreter. Auch
werden die Beispiele jener Menschen erzählt, die „im Schatten der dunklen Geschichte“
auch Gutes getan haben. Allerdings ist die Geschichte, die in der Schau mit mehr als
600 Exponaten aus ganz Europa erzählt wird, nicht „bereits vorbei“, sondern reicht
bis ins Heute. Zwei übergroße Masken thematisieren beim Eingang das ewige Ringen zwischen
Gut und Böse: „Seit der Mensch denken kann, muss er sich zwischen Gut und Böse entscheiden.“
„Wir wollen in der Ausstellung nicht werten“, so der Benediktinerpater. Die
Ausstellungsräume führen durch Schwerpunkte wie z. B. die sieben Todsünden, Kultstätten,
Ritualen und Mythen, Folter und Verfolgung, wissenschaftliche Erkenntnisse und Geheimbünde.
Das Stift St. Paul im Lavanttal wurde im Jahr 1091 von den Spanheimern, einem aus
den Rheinfranken stammendes Dynastengeschlecht, gegründet. Seither leben und wirken
hier Benediktiner. Die Ausstellung "Hexen, Magier und Dämonen" ist jeweils Dienstag
bis Sonntag von 9 bis 17 Uhr zugänglich. Sie endet am 28. Oktober.