Ernsthaft prüfen wollen
die österreichischen Bischöfe die Vorwürfe, die die„Plattform Betroffener kirchlicher
Gewalt“ gegen sie erhoben haben. Das hat der Medienreferent der Bischofskonferenz,
Paul Wuthe, am Montag erklärt. Die Plattform hatte laut eigenen Angaben den österreichischen
Bischöfen Briefe mit Namen von Priestern und weiteren kirchlichen Mitarbeitern geschickt,
die des Missbrauchs beschuldigt und überführt worden seien, die aber immer noch ihren
Dienst ausübten. Über Details der Beschuldigungen beziehungsweise der Einzelfälle
könne er derzeit nichts sagen, so Wuthe, die Briefe seien bei den Bischöfen noch nicht
eingegangen. Sollte es sich aber tatsächlich um Täter handeln, sei der Umgang mit
ihnen klar geregelt, so der Sprecher:
„Ich bin davon überzeugt, dass die
Bischöfe die Vorwürfe sehr ernst nehmen werden. Und ich kann dazu auch sagen, dass
die geltende Rahmenordnung der Bischöfe, die seit zwei Jahren gilt und die ja auch
international viel Aufsehen erregt hat, dass die ganz konkrete Maßnahmen vorsieht,
wenn es Beschuldigte bzw. Täter gibt. Echte Täter, die eine strafrechtliche Verurteilung
haben – so sieht das die Rahmenordnung der Bischofskonferenz vor – dürfen nicht mehr
in der Kinder- und Jugendpastoral eingesetzt werden.“
In der Rahmenordnung
heißt es wörtlich: „Keinesfalls wird die Diözesanleitung pädophile Missbrauchstäter
in der Pastoral einsetzen, wo der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gegeben ist.
Über mögliche Einsätze in anderen Bereichen wird - eventuell nach Einholung eines
Gutachtens - eine Entscheidung im Einzelfall getroffen. Dabei sind die Art des Vergehens,
die Schuldeinsicht und Wiedergutmachung des Täters, die Wiederholungsgefahr und die
größtmögliche Sicherheit für die Menschen im Wirkungsbereich zu berücksichtigen. Für
die diesbezügliche Entscheidung soll ein forensisch-psychiatrisches Gutachten als
Grundlage dienen.“
Es sei eine wichtige und zugleich oft schwierig zu beantwortende
Frage, wie mit verurteilten Tätern weiter umzugehen sei, so Wuthe:
„Was
geschieht mit einem Priester, der seine Strafe abgesessen hat, der auch eine Therapie
erfolgreich beendet hat, der auch weiterhin in Supervision ist? Wie kann er weiterhin
priesterlich wirken? Vor allem auch, wenn er Mitglied einer Ordensgemeinschaft ist
und wenn es auch ein entsprechendes kirchenrechtliches Verfahren gegeben hat. Dieses
kirchenrechtliche Verfahren kann ja bis zum Ausschluss eines Priesters aus dem Klerikerstand
führen. Alle diese Maßnahmen müssen gesetzt und müssen auch durchgeführt werden. Und
wenn sie durchgeführt wurden, kann es sein, dass dennoch ein Einsatz als Priester
gegeben ist, aber immer so, dass er nicht in Kontakt mit Kindern und Jugendlichen
ist, so dass keine Gefährdung für andere Personen entsteht.“
Hinsichtlich
des Umgangs mit Missbrauchstätern aus dem Bereich der Ordengemeinschaften sei zu bedenken,
dass ein Verbleib in der Gemeinschaft oft ein Beitrag zu mehr Sicherheit sein könne.
Es sei besser, wenn sich eine Gemeinschaft für die Probleme eines Mitglieds verantwortlich
weiß, als sich dessen zu entledigen. Aber auch dort gelte, dass pädophile Missbrauchstäter
nicht mehr im Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen sein dürfen, so Wuthe, der Mitglied
der Ad hoc-Kommission zur Weiterentwicklung und Evaluation der geltenden Rahmenordnung
ist.
Einzelfälle werden sorgfältig geprüft Die Kirche habe
– etwa über ihre eigene diözesanen Ombudsstellen oder über die Klasnic-Kommission
– in den letzten zwei Jahren vielen Menschen rasch geholfen. Dabei werde im Zweifel
für das Opfer entschieden, so Wuthe. Wenn sich eine Beschuldigung nicht rechtlich
nachweisen ließe, könne es zu der Situation kommen, dass einem Opfer von der Klasnic-Kommission
und der Kirche zwar geholfen wird, ein Beschuldigter aber weiterhin im priesterlichen
Dienst verbleiben könne. Das sei freilich eine Gratwanderung und müsse immer im Einzelfall
sorgfältig geprüft werden, räumte Wuthe ein.
Wuthe verwies weiter darauf, dass
die Kirche von sich aus bis jetzt rund 150 Fälle zur Anzeige gebracht habe, um die
strafrechtliche Relevanz von Beschuldigungen prüfen zu lassen. Darüber hinaus sei
jeder Bischof verpflichtet, zusätzlich eine kirchenrechtliche Untersuchung durchzuführen,
wenn es Anhaltspunkte für den sexuellen Missbrauch durch einen Priester gibt. So können
im kirchenrechtlichen Verfahren die Verjährungsfristen sogar gänzlich aufgehoben werden,
und als schärfste Sanktion drohe die Entlassung aus dem Klerikerstand.